Vorsicht! Ansteckungsgefahr! Wer diesen Artikel liest, infiziert sich mit dem Impfvirus. Die Masernfälle haben sich weltweit verdreifacht. In Deutschland gab es in den letzten Jahren allenfalls gewisse Schwankungen bei der Erkrankungsanzahl. Gleichwohl bringt das Bundeskabinett ein Gesetz auf den Weg, das die Masernimpfung verpflichtend macht. Gegen Masern geimpft sind in Deutschland weniger als 90% der Bevölkerung. Das reicht nicht hin, um die Gefahr eines größeren Masernausbruchs in Teilen der Bevölkerung zu verhindern, daher das Gesetz, so argumentiert die Bundesregierung.
Darf man die Antwort auf die Frage nach einer Impfung nicht den Eltern der Kinder oder den ungeimpften Erwachsenen selbst überlassen? Die Bundesregierung sagt: „Nein!“
Kluge Gegenargumente wären jetzt gefragt. Ich beginne mit einem ökonomischen Klassiker der Regulierungstheorie. Grundsätzlich gilt in einem marktwirtschaftlichen System die sog. Privatautonomie. Das bedeutet, jedes Gesellschaftsmitglied darf selbst entscheiden, welche Güter und Dienstleistungen er oder sie in Anspruch nimmt. Man muss nur bereit sein, den dafür fälligen Preis zu zahlen. Vor diesem Hintergrund auf den Punkt gebracht, bedeutet das: „Wer sich als Staatsmacht anschickt, in die privaten Belange der Bürger hineinzuregieren, trägt die Beweislast dafür, dass die privatwirtschaftlichen Entscheidungen der Bürger, das Gemeinwohl beeinträchtigen.“ Also, eins zu null gegen die Impflicht! Bislang hat die Bundesregierung den Beweis noch nicht erbracht.
Die Vielfliegerei einzelner belastet das Klima aller. Das berücksichtigt der Einzelne in seiner Entscheidung nicht, daher die Forderung nach einer CO2-Steuer. Diese Beweiskette überzeugt. Aber wie verhält es sich beim Ruf nach einer Impfpflicht?
Wer sich impfen lässt, entscheidet für sich selbst, sich gegen die Masernerkrankung zu wappnen. Er nimmt dabei auch mögliche Nebenwirkungen einer Impfung in Kauf. Hat das negative Auswirkungen auf andere? Nein. Aber es hat positive Auswirkungen. Geimpfte können Dritte nicht anstecken. Dem wird wohl niemand widersprechen. Ökonomen sprechen insoweit vom Vorliegen eines sog. positiven externen Effektes. Die Entscheidung für den Erwerb von Impfschutz bringt nicht nur Vorteile für den Geimpften, sondern auch für weitere Gesellschaftsmitglieder, indem die Gefahr einer Ansteckung für sie zurückgeht. Darauf setzt die Bundesregierung.
Sie geht somit davon aus, dass der Einzelne die Entscheidung gar nicht privatautonom treffen sollte, denn – mag er aufgeklärt sein, wie er will – er berücksichtigt den positiven Effekt, den seine Entscheidung pro Impfung für die Gesellschaft hat, nicht in seinem privaten Impfkalkül. Menschen, die für sich also den Vorteil einer Impfung mit der Gefahr etwaiger Nebenwirkungen abwägen, entscheiden sich viel zu häufig gegen die Impfung, weil sie nur ihre Eigeninteressen im Blick haben, nicht aber die Interessen der übrigen Gemeinschaftsmitglieder. Also Gleichstand: eins zu eins?
Es gibt allerdings viele ähnlich gelagerte Fälle und man fragt sich, weshalb die Bundesregierung hier nicht eingreift: Wenn zum Beispiel ein Anreiz gesetzt würde, sein Auto am Wochenende nicht auf die Autobahn zu steuern, sondern in der Garage stehen zu lassen, dann würden alle übrigen Autofahrer davon profitieren, dass die Autobahn weniger staugefährdet ist. Wie wäre es da mit einer PKW-Maut? Aber was ist schon der Verkehrsinfarkt gegen eine Maserninfektion?
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Prof. Dr. Klaus Wehrt ist finanzmathematischer Experte für alle Fragen der Immobilienfinanzierung, insbesondere der Überprüfung von Vorfälligkeitsentschädigung, Professor für Volkswirtschaftslehre und Statistik, Buxtehude-Immenbeck.
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