Als ich Anfang 30 war, da sah ich um mich herum lauter junge Paare, die sich alle bereits in das Abenteuer „Eigene Immobilie“ gestürzt hatten. Ich wohnte dagegen immer noch zur Miete. Mit dem Kinderwagen schoben wir als junges Ehepaar am Wochenende durch das neue Wohngebiet in der Nähe von Kiel und der Gedanke plagte mich: „Was habe ich nur falsch gemacht?“ Heute weiß ich: „Nichts!“.
Junge unerfahrene Familien werden häufig mit irgendwelchen öffentlichen Förderversprechen wie Wohnungsbauprämie, Eigenheimzulage, Baukindergeld, KfW-Förderkredit u.v.m. in die Immobilien gelockt und wissen dabei überhaupt nicht, wie Ihnen geschieht. Erst über viele Jahre hinweg erwarb ich das Wissen zu beurteilen, ob sich privates Wohneigentum im Vergleich zur Mietimmobilie überhaupt lohnt. Die schlechte Nachricht für alle Träumer: Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es empfehlenswerter, zur Miete zu wohnen als sich in das Abenteuer der eigenen Immobilie zu stürzen.
Wissen Sie was ein „Zinshaus“ ist? Das ist ein Wohnobjekt, das sich ein vermögender Geldanleger anstelle von Aktien oder Wertpapieren „ins Depot legt“. Investiert so ein Geldanleger bspw. 1 Mio. Euro in eine Immobilie mit fünf Wohnungen, die jede für sich eine Monatskaltmiete von 1.000 Euro erwirtschaftet, so beläuft sich der Jahresertrag aus den fünf Wohnungen auf 60.000 Euro (= 1.000 EUR x 12 x 5). Das sind zunächst einmal 6%. Allerdings sind von diesem Jahresertrag noch Grundsteuern, Kosten der Hausverwaltung, Kosten des zeitweiligen Leerstands, Instandsetzungskosten und andere werterhaltende Maßnahmen abzuziehen. Am Ende verbleiben sodann vielleicht nur noch 3% Jahresertrag.
Gewiefte Geldanleger rechnen allerdings anders. Sie finanzieren 90% des Kaufpreises mit Krediten zu 4%. Auf 900.000 EUR macht das eine Kreditkostenbelastung von 36.000 Euro. Von den Mieteinnahmen verbleiben somit nach Fremdkapitalzinsen noch 24.000 Euro, nach Abzug der übrigen Kosten gar nur noch ca. 12.000 Euro. Doch 12.000 Euro, erwirtschaftet auf einen eigenen Kapitaleinsatz von 100.000 Euro ergeben eine 12%-ige Verzinsung.
Diese Verzinsung – der Leverage-Effekt lässt grüßen - ist allerdings mit erheblichen Risiken belastet, denn Kreditzinsen können steigen, Leerstände können entstehen, unaufschiebbare Reparaturen können notwendig werden oder der Gesetzgeber plagt die Eigentümer mit neuen Vorschriften: Energieausweis, Gebäudedämmung, Brandschutz, behindertengerechtes Wohnen usw.
Rechnen Sie doch auch einmal so wie ein gewerblicher Eigentümer. Zurzeit wohnen Sie zur Miete im Haus mit Garten und zahlen für 100 m² eine Kaltmiete von monatlich 1.000 Euro, im Jahr also 12.000 Euro. Das neue Einfamilienhaus mit ebenfalls 100 m² und Garten soll 300.000 Euro kosten. Um den Wert aufrechtzuerhalten, müssen Sie jährlich ca. 4.000 Euro investieren. Wartung und Instandhaltung kosten 1.000 Euro. Der Kredit über 200.000 Euro trägt einen Zinssatz von 4%, macht im Jahr 8.000 Euro. Der Verzicht darauf, das eingesetzte Eigenkapital von 100.000 Euro mit 3% zu verzinsen, kostet nochmals 3.000 Euro. Die Jahresbelastung beläuft sich somit auf 16.000 Euro. Eine Mehrbelastung von 4.000 Euro als Preis dafür, sein „eigener Herr“ oder seine „eigene Frau“ zu sein.
Die Darlehenstilgung habe ich bewusst außen vor gelassen, denn sie bewegt das der Bank zunächst noch gehörende Haus Schritt für Schritt in das eigene Vermögen. Tilgungen sind somit keine Kosten, die durch das „Wohnen“ entstehen, sondern stehen für den Vermögensübergang. Ein Mieter erwirbt die Mietwohnung nicht, daher darf beim Vergleich zwischen Mieten und Wohnen die Tilgung nicht einbezogen werden.
Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was wäre, wenn die Zinsen innerhalb der nächsten zehn Jahre von 4 auf 6% ansteigen und Sie bei der Darlehensverlängerung nach 10 oder 15 Jahren plötzlich eine 50%-ige Mehrbelastung der Zinslasten erleben? Dann stellt sich für Sie ein möglicherweise gravierendes Problem. Doch auch Mieten können steigen. Dass sie sich allerdings in zehn Jahren um 50% erhöhen, das ist unwahrscheinlich.
Weshalb schreibe ich das alles? Ich bin leidgeprüft. Zu Beginn der 90er Jahre fing ich an, mich mit der gutachterlichen Bewertung von Darlehen und Immobilien zu befassen. Schnell wurde mir klar: „Ein Glück, dass ich Mieter bin!“ Doch meine Schwiegereltern ließen nicht locker: „Wer kein eigenes Haus hat, hat im Leben nichts erreicht.“ Diesem Druck konnte ich irgendwann nicht mehr standhalten. Meine damalige Gattin präsentierte mir ein um das andere Mal immer wieder andere Immobilien, die sie zum Erwerb anpries. Irgendwann wurde ich – allen guten Vorsätzen zum Trotz – dann schwach.
Ich berechnete zunächst immer erst einmal den Mietertragswert der angebotenen Immobilie. Das ist derjenige Wert, den das Haus hat, wenn es zur ortsüblichen Miete – entsprechende jährliche Mietsteigerungen werden einbezogen - über seine Nutzungsdauer hinweg vermietet würde. Dieser lag regelmäßig um ca. 35% unterhalb des Kaufpreises. Das bedeutete also, besser man mietet das Haus, als dass man es kauft.
Den Mietertragswert habe ich sodann immer in den Verhandlungen eingesetzt und den Verkäufern dadurch klargemacht, dass – natürlich auch für sie – der Verkauf einer Immobilie mehr einbringt als die Vermietung - die umgekehrte Sichtweise. Damit gelang es, den Preis des späteren Eigenheims tatsächlich um 17% zu drücken.
Trotzdem war der Kauf ein Reinfall. Nein! Die Immobilie hatte meine Ex ganz toll ausgesucht. Alles vom Feinsten. Das stelle ich immer noch, auch heute nach 20 Jahren Wohnen, fest. Doch meine Gattin verließ mich bereits drei Wochen nach dem Einzug. Was ist die Traumimmobilie im Vergleich zum Traummann?
Mietverträge lassen sich kündigen. Eigenheime dagegen nicht. Ehescheidung, beruflich bedingter Umzug, Arbeitslosigkeit, der Auszug der erwachsenen Kinder, alles Gründe, sich neu mit der entsprechenden Wohnungsgröße zu positionieren. Beim Eigenheim klappt das aber nicht. Es ist nicht größenvariabel. Überflüssigerweise bewohne ich heute ein Haus, das Platz für eine ganze Familie hat, doch durch die Gänge schleicht nur ein „einsamer Wolf“.
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