1. Sinnvolle und unsinnige Kurssicherungsgeschäfte
Doch was nützt den beiden Parteien ein derartiges Geschäft, wenn sie kein Warengeschäft abschließen und auch überhaupt keine Zahlungseingänge in fremder Währung erwarten? Nehmen wir an, die Parteien hätten trotzdem ein derartiges Geschäft geschlossen. Zur Kurssicherung taugt es nicht, denn dafür fehlt es an den erwarteten Zahlungseingängen. Vielmehr scheint es eher den Charakter einer Wette zu tragen. Die Parteien werden im Extremfall bis zum Erfüllungstermin des Geschäfts warten. Der Erfüllungstermin ist der Zeitpunkt, zu dem die beiden Parteien zu liefern haben. Liegt zu diesem Termin der aktuelle Dollarkurs unterhalb des vertraglich vereinbarten Dollarterminkurses, so kann der Dollarlieferant den benötigten Dollarbetrag günstig einkaufen und über das Devisentermingeschäft teuer verkaufen. Er macht einen Gewinn. Sein Vertragspartner erleidet dagegen einen Verlust, weil er den teuren Dollar wegen des bestehenden Terminkontrakts abnehmen muss. Viel lieber hätte er das Geschäft annulliert.
Sieht man von der Befriedigung einer Wettleidenschaft einmal ab, so erweist sich das beschriebene Geschäft als volkswirtschaftlich unnütz. Gleichwohl bewerben Banken beide Formen von Geschäften: das Währungssicherungsgeschäft wie auch die Währungswette. Die bankliche Gewinnmarge entsteht bei beiden Geschäften in gleicher Weise. Sie wird nicht nur bei volkswirtschaftlich nützlichen Geschäften verdient. Und so nimmt es nicht wunder, dass die Kreditwirtschaft eben beide Geschäftsformen bewirbt: Sinnvolle Kurs- oder Zinssicherungsgeschäfte, aber auch unsinnige Kurs- und Zinswetten.
2. Sinnvolle und unsinnige Zinssicherungsgeschäfte
Manchmal möchte ein Darlehensnehmer aber einfach nur Zinssicherheit haben. Er möchte Zinsschwankungen vermeiden, stattdessen ein langfristig sicheren Zinssatz in vorgegebener Höhe zahlen. Traditionell bieten Banken dazu den Langfristkredit mit festgeschriebenem Zinssatz an. Doch seit der Jahrtausendwende ködern sie die Kunden auch mit einer Kombination aus Swapvertrag und variabel verzinslichem Darlehen. Das geht so:
Über den Swapvertrag zahlt der Kunden einen Festzinssatz von bspw. 3% jährlich über zehn Jahre hinweg an die Bank. Sie verspricht im Gegenzug eine Verzinsung in Höhe des variablen Dreimonats-EURIBORs zzgl. eines festen Aufschlags von bspw. 0,5 Prozentpunkten an den Kunden zu leisten. Der Kunde zahlt vierteljährlich 3% auf den Swapvertrag, empfängt im Gegenzug die Zinsen aus dem leicht erhöhten EURIBOR-Dreimonatssatz und zahlt diesen Betrag sogleich in das variabel verzinsliche Darlehen ein, das sich mit genau diesem Satz über zehn Jahre verzinst.
Locken kann man die Kunden mit einem solchen Geschäft, wenn die Konditionen des Swapvertrags unterhalb einer zehnjährigen Festzinsfinanzierung liegen. In diesem Fall macht ein solches Geschäft der günstigeren Zinsabsicherung auch durchaus Sinn. Swapvertrag und Darlehensvertrag bilden eine Einheit, aufeinander abgestimmt in Laufzeit, Tilgungsverlauf und variabler Zinshöhe. Derartige Geschäfte heißen „konnex“.
Besteht allerdings kein Kreditbedarf oder unterschreiten die Konditionen von Festzinsdarlehen die Swapsätze, dann erweisen sich die über den Swapvertrag konstruierten Festzinsgeschäfte schlichtweg als überflüssig. Weshalb soll ich einen Swapvertrag mit einem festen Zinssatz bedienen, um im Gegenzug eine variable Verzinsung zu erhalten, wenn ich keinen Kreditbedarf habe?
Ebenfalls nach der Jahrtausendwende begannen verschiedene Institute, prominent vertreten die Deutsche Bank, damit, Derivate in Form von Zinswetten offensiv zu vermarkten, der sog. CMS-Spread-Ladder-Swap. Geworben wurde mit dem Argument der „Zinsoptimierung“. Tatsächlich verschleierte man ein Geschäft, aus dem die Bank systematisch als Sieger hervorgehen würde.
Der Kunde spekulierte dabei auf einen zunehmenden Abstand zwischen den kurzfristigen und langfristigen Zinsen, die Bank dagegen auf einen sich verringernden Abstand. Im Vorfeld dieser Derivategeschäfte hatten die Institute schon seit längerer Zeit dazu beigetragen, die Zinsdifferenz zwischen Kurz- und Langfristzinsen zu verringern. Parallel wurde nämlich wie bereits oben dargestellt der konnexe Geschäftstyp, bestehend aus Darlehen und Swapvertrag, ebenso offensiv beworben. „Nutzen Sie den Zinsabstand zwischen kurzfristigen und langfristigen Zinsen! Sichern Sie sich mit den kurzfristigen niedrigen Zinsen einen langfristig sicheren Kredit zu festen Konditionen!“
Für die Kunden trug das Geschäft zur reinen „Zinsoptimierung“ ohne Kreditbedarf die Chancen eines Münzwurfes: Kopf oder Zahl! Die Banken dagegen konnten davon ausgehen, dass sich der Abstand zwischen den Kurz- und Langfristzinsen einebnen würde, denn sie hatten mit dem anderen konnexen Geschäftstyp die Nachfrage nach Krediten mit langfristigen Festzinsen umgelenkt auf den Markt der Kredite mit variablen kurzfristigen Verzinsungen. Mithin würden die kurzfristigen Zinsen steigen, die langfristigen Zinsen dagegen sinken. So war es klar, dass die Zinsoptimierungsgeschäfte für die Kunden fast immer schief liefen. Die Bank verdiente, der Kunde zahlte.
Verdient wurde an beiden Fronten beim konnexen Geschäftstyp ebenso wie bei der Zinswette.
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Prof. Dr. Klaus Wehrt ist finanzmathematischer Experte für alle Fragen der Immobilienfinanzierung, insbesondere der Überprüfung von Vorfälligkeitsentschädigung, Professor für Volkswirtschaftslehre und Statistik, Buxtehude-Immenbeck.