A. Die Vorgeschichte
Am 21.03.2016 trat das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie [1] in Kraft. Es enthält viele Neuregelungen, die sich auf das Verhältnis des Immobiliar-Verbraucherdarlehensnehmers zu seiner Bank auswirken. Auch in Bezug auf die Vorfälligkeitsentschädigung ergingen neue Vorschriften. Deren tiefergehende spezifische Ausgestaltung sollte allerdings einem weiteren Gesetzgebungsverfahren vorbehalten bleiben, das die Ergebnisse einer speziell zu diesem Zweck eingerichteten Arbeitsgruppe verwerten sollte. Die von Bundesjustiz- und -finanzministerium gemeinsam installierte Arbeitsgruppe befasste sich im Zeitraum von Sommer 2016 bis Herbst 2017 mit der Materie. Sie setzte sich zusammen aus Interessenvertretern des Kreditgewerbes und von Organisationen des Verbraucherschutzes, Vertretern der Ministerien, der Aufsichtsbehörden und von Sachverständigenverbänden sowie wissenschaftlichen Experten aus Recht und Wirtschaft. Inhaltliches Ergebnis der Arbeitsgruppensitzungen war ein gemeinsamer Abschlussbericht, der zur weiteren Beschlussfassung Parlament und Regierung zugeleitet werden soll.
Der Abschlussbericht ist – soweit bekannt – bisher noch nicht veröffentlicht. Mehrere Entwürfe zur inhaltlichen Abstimmung zirkulierten jedoch unter den Teilnehmern. Diese Entwürfe offenbaren, dass es der Diskussionsleitung nicht gelang, die Teilnehmer auf einen gemeinsamen Konsens einzuschwören. Vielmehr enthält der vorläufige Bericht eine Protokollierung der un terschiedlichen Stellungnahmen der mitwirkenden Beteiligten zu verschiedenen Fragestellungen rund um die Berechnung und die Berechtigung auf eine Vorfälligkeitsentschädigung, die von der Leitung zur Diskussion gestellt worden waren.
Die Zielsetzung, eine Richtschnur für die spezifische Ausgestaltung des Instruments der Vorfälligkeitsentschädigung zu erarbeiten, wurde damit eher verfehlt. Diese Studie erhebt den Anspruch, auf wichtige Fragen um die Vorfälligkeitsentschädigung die passenden Antworten zu geben.
B. Die Fragestellung
Die nachfolgenden Ausführungen befassen sich ausschließlich mit Fragen der Vorfälligkeitsentschädigung im Zusammenhang mit Immobiliar-Verbraucherdarlehen.
Grundsätzlich schuldet der Darlehensnehmer eines Immobiliardarlehens eine Vorfälligkeitsentschädigung, wenn er seinen Kredit vor dem Ende der vertraglich vereinbarten Zinsbindungsfrist und vor dem Ablauf einer Frist von zehneinhalb Jahren nach dem vollständigen Empfang (§ 490 Abs. 2 BGB) zurückzahlen möchte. Doch zu diesem Grundsatz gibt es viele Ausnahmen. Der Katalog dieser Ausnahmen wurde mit der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie sogar noch erweitert.
Da EU-Richtlinien stets Mindeststandards formulieren, denen die nationalen Rechtsordnungen zu genügen haben, beschreibt die Wohnimmobilienkreditrichtlinie[2] das Mindestmaß an Verbraucherschutz im Bereich der Immobilienkredite. Die Richtlinie verankert das Recht des Verbrauchers, sein Immobiliardarlehen vorzeitig zurückzuführen.[3] Nationalstaaten dürfen dieses Recht bei Darlehen mit festgeschriebenem Sollzinssatz aber an das Vorliegen eines sog. „berechtigten Interesses“knüpfen.[4] Daher stellt sich als Erstes die Frage, wie der Begriff des „berechtigten Interesses“ vor dem Hintergrund der gewachsenen Rechtsprechung wie auch der Richtlinienvorgabe mit sinnvollem zivilrechtlichen Inhalt zu füllen ist.
Zulässig ist es überdies, die Wahrnehmung des vorzeitigen Ablöserechts von der Zahlung einer „faire(n)und objektiv gerechtfertigte(n) Entschädigung für etwaige Kosten in unmittelbarem Zusammenhang mit der vorzeitigen Rückzahlung“[5] abhängig zu machen. Nach Art. 25 Abs. 3 S. 2 WoImmoKRL[6] „darf“überdies „die Entschädigung den finanziellen Verlust des Kreditgebers nicht überschreiten.“Damit ist die zweite Frage nach dem fortbestehenden Nebeneinander von Zinsverschlechterungs- und Zinsmargenschaden aufgeworfen, der Zinsverschlechterungsschaden zur Kompensation der Bank für ein gesunkenes Zinsniveau, der Zinsmargenschaden als Ersatz für den sog. „entgangenen Gewinn“ aus dem vorzeitig beendeten Darlehensvertrag.
Nach Art. 25 Abs. 1 S. 2 WoImmoKRL[7] „hat der Verbraucher das Recht auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher, die sich nach den Zinsen und den Kosten für die verbleibende Laufzeit des Vertrags richtet.“ Damit könnte den zurzeit bei der Kalkulation von Vorfälligkeitsentschädigungen veranschlagten negativen Wiederanlagerenditen der Boden entzogen sein. Gleichwohl bleibt die Frage unbeantwortet, ob es in einer entsprechenden Zinssituation sinnvoll wäre, Vorfälligkeitsentschädigungen auch unter Nutzung teilweise negativer Wiederanlagerenditen zu kalkulieren. Das ist die dritte Frage.
C. Das berechtigte Interesse an einer vorzeitigen Darlehensablösung
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WoImmoKRLUmsG) hat der deutsche Gesetzgeber neben vielen anderen Tatbeständen auch die Vorschriften zur vorzeitigen Darlehensablösung neu geregelt. Nachfolgend werden jene Neuregelungen, die sich auf die Berechtigung für eine Vorfälligkeitsentschädigung beziehen, vorgestellt.
C. 1. Die Rechtslage
Galt beim Vorliegen eines berechtigten Interesses schon bisher ein außerordentliches Kündigungsrecht gegen den Ersatz des Schadens (Vorfälligkeitsentschädigung) für alle durch Grund- oder Schiffspfandrecht besicherten Festzinsdarlehen, so wurde das Recht auf vorzeitige Ablösung für Verbraucher-Immobiliardarlehen vereinfacht, indem § 500 Abs. 2 BGB bestimmt, dass, sofern ein berechtigtes Interesse gegeben ist, ein Recht auf sofortige Erfüllung der Darlehensverbindlichkeit besteht. Die für Nichtverbraucherdarlehen erforderliche Kündigung nach § 489 Abs. 2 BGB, kann somit beim Immobiliar-Verbraucherdarlehen umgangen werden, indem beim Vorliegen eines zur Ablösung berechtigenden Grundes einfach erfüllt wird. Allerdings verlangt § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB wiederum den Ausgleich des entstandenen Schadens durch eine Vorfälligkeitsentschädigung.
Nach § 494 Abs. 5 BGB hat der Darlehensgeber den Kreditnehmer, sobald dieser seine Absicht der vorzeitigen Rückzahlung kundtut, darüber zu unterrichten, ob er überhaupt rückzahlungsbefugt ist, denn eine entsprechende vorzeitige Ablösung setzt ein berechtigtes Interesse voraus. Sollte dieses gegeben sein, so hat die Bank den Darlehensnehmer über die Höhe des Rückzahlungsbetrags sowie die Höhe der zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung zu unterrichten. Eine Gebühr ist dafür nicht zu zahlen, weil die Informationen zum Pflichtenkreis des Kreditgebers gehören.[8]
Bis zur gesetzlichen Umsetzung der Richtlinie wurde ein berechtigtes Interesse an einer Ablösung hauptsächlich dann als vorliegend angesehen, wenn der Grundstückseigentümer wegen der Weigerung seiner Darlehensgeberin, das Darlehen vorzeitig zurückzunehmen, in seiner wirtschaftlichen Verfügungsfreiheit über das belastete Grundstück eingeschränkt sei.[9] Herausgearbeitet wurden insoweit zwei maßgebliche Gründe:
- Die finanzierte Immobilie soll verkauft werden[10]
und - Der gegenwärtige Darlehensgeber lehnt es ab, das Darlehenskapital zu erhöhen, ein anderer Kreditgeber wäre dazu jedoch bereit.[11]
Darüber hinaus wurde ein solches Interesse ebenfalls als gegeben eingestuft, wenn die eintretende Arbeitslosigkeit des Darlehenskunden es unmöglich mache, die Leistungsraten aus Zins und Tilgung weiterhin zu erbringen, der Kapitaldienst nach erfolgter Umschuldung allerdings so angepasst werden könne, dass eine Notwendigkeit, die Immobilie zu verkaufen, nicht länger bestehe.[12]
An den zuletzt genannten Grund knüpft auch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie an, indem unter ihr ein Recht auf vorzeitige Darlehensablösung für die beispielhaft aufgezählten Fälle von Arbeitslosigkeit und Ehescheidung formuliert wird.[13] Diese Ablösegründe lassen sich sicherlich noch um weitere schwerwiegende Ereignisse wie Krankheit und Tod ergänzen.
Mithin käme es dann nicht mehr zwingend darauf an, ob die Immobilie verkauft oder mit zusätzlichen Kreditmitteln belastet werden soll. Soweit irgendwann der EuGH zur Klärung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „berechtigten Interesses“ angerufen würde, bestünde für die Kreditwirtschaft das Risiko, dass unter diesem Begriff weitaus mehr Ereignisse zu subsumieren wären als bislang durch die Rechtsprechung zuerkannt.[14] Insoweit stellt sich die Frage nach einer fundierten Präzisierung des Begriffes (Frage 1).
C. 2. Der Tatbestand des berechtigten Interesses
Liegt ein „berechtigtes Interesse“ nicht vor, so kann die Darlehensgeberin die vorzeitige Rückzahlung zurückweisen. Dem Kunden verbleiben in diesem Fall nur noch zwei Möglichkeiten: a) er erfüllt den Vertrag oder b) er versucht, ein Einverständnis über die Ablösung mit der Darlehensgeberin herzustellen, indem er ihr ein entsprechend hohes Ablöseentgelt offeriert, das eine Vorfälligkeitsentschädigung zumeist weit übersteigt. Die Darlehensgeberin hat auf jeden Fall ein (veräußerbares) Recht auf Vertragserfüllung.
Sobald dagegen das berechtigte Interesse gegeben ist, hat der Kunde ein Recht auf Ablösung gegen die Zahlung eines Schadensersatzes, die sog. Vorfälligkeitsentschädigung. Das berechtigte Interesse nimmt somit eine Weichenstellung vor zwischen der Pflicht zur „Vertragserfüllung“ und der Pflicht zum „Schadensersatz“.
C. 2. 1. Schadensersatz oder Vertragserfüllung
Im deutschen Vertragsrecht gilt der Grundsatz „pacta sunt servanda“. § 322 BGB erlaubt es dem Gläubiger, Klage auf die Leistung des Schuldners zu erheben. Scheinbar gibt es somit ein Recht auf Vertragserfüllung. Jedoch definiert § 326 Abs. 1 BGB Ausnahmetatbestände, die sich auf die allgemeinen schuldrechtlichen Vorschriften beziehen. § 275 BGB bestimmt insoweit:
- Eine physisch unmögliche Leistung kann nicht verlangt werden (Abs. 1).
- Ein grobes Missverhältnis zwischen dem Vorteil des Gläubigers aus der Leistung und dem höheren wirtschaftlichen Aufwand des Schuldners, diese zu erbringen, erlaubt dem Schuldner, die Vertragserfüllung zu verweigern, sog. wirtschaftliche Unmöglichkeit (Abs. 2).
- Daneben nennt die Vorschrift weitere Gründe, die sich aus dem persönlichen Verhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger ergeben (Abs. 3).
Liegt eine vom Schuldner zu vertretende Pflichtverletzung vor (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB), so kann der Gläubiger unter den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 281 bzw. 283 BGB (seltener: § 282 BGB) Schadensersatz statt der Leistung verlangen. Er darf seinen Anspruch allerdings auch auf den Ersatz der sog. Vertrauensaufwendungen konzentrieren, also jenen Aufwendungen, die er im Vertrauen auf die Leistung des Schuldners vorab tätigte. Am weitreichendsten ist der Anspruch nach § 285 Abs. 1 BGB, nach dem der Gläubiger statt der geschuldeten Leistung die Herausgabe oder Abtretung des Ersatzanspruches, des „stellvertretenden Commodums“, verlangen kann. § 285 Abs. 2 BGB sichert ab, dass der Gläubiger dabei mindestens auf die Höhe eines Schadensersatzanspruches gelangt. Dabei ist für diesen Anspruch, welcher der Logik folgt, wenn der Schuldner schon nicht leisten kann, dann soll dem Gläubiger wenigstens der Ersatzanspruch zustehen, das „Vertretenmüssen“der Pflichtverletzung noch nicht einmal Voraussetzung.
Der vertragsrechtliche Anspruch auf Vertragserfüllung erfährt im deutschen Zivilrecht zahlreiche Ausnahmen. Insbesondere mit § 275 Abs. 2 BGB wird erreicht, dass sich der gemeinsame Überschuss, den sich die Parteien aus dem Vertragsschluss versprachen, nicht in sein Gegenteil verkehrt, wenn den Schuldner nicht vorhergesehene unerwartete Mehraufwendungen treffen, seine Vertragspflichten zu erfüllen.
Das deutsche Vertragsrecht folgt damit dem rechtsökonomischen Prinzip der effizienten Ressourcenallokation. Ein Festhalten am Prinzip der unbedingten Vertragserfüllung (specific performance) senkt zwar die Wahrscheinlichkeit eines Vertragsbruches gegen null, führt jedoch zur Gefahr der Vergeudung wirtschaftlicher Ressourcen,[15] so bspw. wenn ein Bauträger weiterhin verpflichtet wäre, ein Wohnhaus auch auf einem unsicheren Grund zu errichten, wofür er, gemessen an § 275 Abs. 2 BGB, wirtschaftlich nicht zu rechtfertigende Kosten der Baugründung zu übernehmen hätte. Ohne die Möglichkeit aus dem § 275 Abs. 2 BGB würde er sich in diesem Fall an den Bauherren wenden und versuchen, sich aus seiner Pflicht herauszukaufen, die Vergeudung der Ressourcen unterbliebe. Der Bauunternehmer wäre aber bis zur Höhe der Differenz zwischen den erwarteten und den tatsächlichen Gründungskosten ausbeutbar, wie das nachfolgende Beispiel zeigt:
Man stelle sich vor, der subjektive Nutzwert der Immobilie samt Grundstück läge für den Käufer bei 170.000 EUR, der Kaufpreis des Grundstücks mit der darauf zu errichtenden Immobilie betrage dagegen 150.000 EUR. Die Bauträgergesellschaft verkaufe Grundstück und Immobilie schlüsselfertig. Statt der zunächst erwarteten Kosten von 130.000 EUR verteuere unvorhergesehen die aufwendige Baugründung die Kosten der Immobilie auf 250.000 EUR. In diesem Fall ist es wirtschaftlich nicht vertretbar, das Haus zu errichten, denn des Käufers Vorteil von 20.000 EUR wäre kleiner als des Verkäufers Nachteil von 100.000 EUR, sich ergebend aus dem eingenommenen Kaufpreis von 150.000 EUR abzgl. der Baukosten von 250.000 EUR. Der Verkäufer wäre deshalb bereit, dem Käufer einen Betrag von bis zu 100.000 EUR auszuzahlen, wenn dieser auf die Errichtung des Hauses verzichtete.
Der Bauherr könnte sich in diesem Fall am Schicksal des Bauträgers bereichern, indem er bspw. einen Betrag von 90.000 EUR dafür fordert, dass er auf die Errichtung verzichtet. Er hätte dann ein Mehr gegenüber der planmäßigen Durchführung des Vorhabens, denn das hätte ihm nur einen Vorteil von 20.000 EUR beschert.
Die notwendige Tatbestandsvoraussetzung der wirtschaftlichen Unmöglichkeit liegt vor, denn der Gesamtaufwand zur Errichtung der Immobilie, bestehend aus Gründungskosten und Gebäudeerrichtungskosten, würde den Vorteil des Bauherrn, den er sich aus dem Vorhaben versprach, überschreiten. Der Schaden des Bauträgers wird somit zum Glücksfall des Bauherrn. Um sich freizukaufen, verzichtet der Bauunternehmer nicht nur auf den Kaufpreis, erstattet dem Bauherren auch nicht nur sein vertragliches Erfüllungsinteresse, zudem zahlt er noch eine Prämie, um sich beim Bauherrn freizukaufen.
Überdies verursachen die Verhandlungen um die Vertragsaufhebungsgebühr, geprägt vom strategischen Verhalten beider Seiten, von Drohungen und Vergleichsangeboten, denen möglicherweise eine Vertragsunterzeichnung folgt oder auch nicht, von Rechtsverfolgungs- und –durchsetzungskosten, volkswirtschaftlich unsinnige sog. Transaktionskosten: Aufwendungen, die besser in produktivere Verwendungen geflossen wären.[16]
Und am Ende bestünde immer noch die Gefahr, dass die Verhandlungen scheitern, der Baugrund bestellt und somit die Ressourcen unnötig verschwendet werden.
Unter der Vorschrift des § 275 Abs. 2 BGB wird der Schuldner dagegen von seiner Leistungspflicht frei, wenn Aufwand und Ertrag in einem Missverhältnis stehen. In diesem Fall verliert er zumindest den Anspruch auf die Gegenleistung oder hat das „stellvertretende Commodum“herauszugeben. Soweit der Leistungsverpflichtete die Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 276 Abs. 1 BGB), kann er auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Die Entscheidung, ob er erfüllt oder lieber den Schadensersatzanspruch gegen sich gelten lässt, trifft der Schuldner nach eigenem Ermessen. Der Vertragspartner verfügt über keine Möglichkeit, das Missgeschick des Schuldners auszubeuten. Er bekommt über den Schadensausgleich einen gleichwertigen Ersatz. Das gilt zumindest für solche Fälle, unter denen die ausgebliebene Leistung auf Märkten beschafft werden kann. Dann reicht ein Schadensersatzanspruch in Höhe des Marktpreises aus, die entsprechende Leistung von einem Dritten zu beziehen. Es fallen nur geringe Transaktionskosten an und die Gefahr eines unsinnigen Ressourcenaufwands ist gebannt.
Bezeichnenderweise favorisiert auch die rechtsökonomische Literatur fast durchweg den Schadensersatzanspruch in Höhe des Erfüllungsinteresses (expectation measure) gegenüber der Pflicht zur unbedingten Vertragserfüllung (specific performance):
„The expectation measure leads to efficient decisions to perform or breach an existing contract, given a fixed level of reliance.”[17]
Allerdings gilt diese Aussage nur für solche Fälle, unter denen die Steuerung der Vertrauensaufwendungen des Gläubigers im Hinblick auf die Vertragserfüllung keine Bedeutung erlangt.
C. 2. 2. Vorfälligkeitsentschädigung oder Vorfälligkeitsentgelt
Die Vorfälligkeitsentschädigung stellt den Schadensersatzanspruch der kreditgewährenden Bank gegenüber dem vertragsbrüchigen Schuldner dar, das Vorfälligkeitsentgelt jenen vom Schadensersatz losgelösten Preis, den die Bank dafür verlangt, auf Vertragserfüllung zu verzichten.
Die Vertrauensaufwendungen der Darlehensgeberin in den Fortbestand der Finanzierung bestehen allenfalls darin, dass sie das Darlehen selbst über den Zinsbindungszeitraum refinanzierte. Unter dem Versprechen eines Schadensersatzes erhält sie nicht nur ihre Vertrauensaufwendungen ersetzt, sondern überdies wird sie so gestellt, wie sie stünde, wenn die vorzeitige Ablösung nicht eingetreten wäre. Ein möglicher Fehlanreiz läge dann darin, dass die Bank wegen der jederzeit zu erwartenden Vollkompensation in einem höheren Umfang Refinanzierungen aufnimmt, als sie diese vornehmen würde, wenn sie nur eine Teilkompensation oder überhaupt keine Kompensation erhielte. Ressourcenvergeudungsfrei wäre dagegen ein Refinanzierungsumfang, unter dem die Darlehensgeberin die durchschnittliche Anzahl vorzeitiger Ablösungen perfekt antizipierte. Darüber hat das Kreditinstitut aufgrund der Vielzahl seiner Kunden Durchschnittswissen. Trotz des vollabsichernden Schadensersatzanspruchs wird das Institut deshalb bei seiner Liquiditätssteuerung beachten, dass ein gewisser Teil der Darlehensmittel vorzeitig zurückgegeben wird. Zur Steigerung des Ertrags wird daher die Refinanzierungsquote entsprechend gesenkt.[18]
Unter einer Pflicht zur jederzeitigen Vertragserfüllung würde die Bank die Refinanzierungsquote wahrscheinlich eher noch über das optimale Maß erhöhen, weil es ihr nicht in jedem Fall gelänge, den Vorfälligkeitspreis durchzusetzen. Manch ein Darlehensnehmer wird wegen des überhöhten Preises von der vorzeitigen Rückzahlung – obwohl sinnvoll – wegen des Verhaltens der Bank Abstand nehmen.
Die vorgestellten Gedanken legen es nahe, über das Vorliegen eines berechtigten Interesses im Verhältnis zwischen dem Immobiliendarlehensnehmer und seiner Bank analog zu § 275 Abs. 2 BGB zu entscheiden. Danach wäre es einem Kreditnehmer, der aufgrund einer prekären Einkommenssituation die Darlehensraten nur noch zu einem Teil aufbringen kann, nicht zuzumuten, dass er einen teuren Dispositionskredit aufnimmt, um seinen monatlichen Darlehensverpflichtungen (Schuldturmproblematik) nachzukommen. Er hätte das Recht, gegen eine nach schadensersatzrechtlichen Kriterien berechnete Vorfälligkeitsentschädigung den Darlehensvertrag vorzeitig zu beenden. Derartige Engpasssituationen können sich einstellen, wenn bspw.
- eine Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit auftritt,
- einer der Ehe- oder Lebenspartner aus dem gemeinsamen Objekt auszieht,
- eine Erkrankung, ein Pflegefall oder Familienzuwachs die Erwerbstätigkeit vereitelt oder einschränkt.
Ebenso wäre es dem Eigentümer eines Mietshauses gestattet, das Darlehen gegen Zinsentschädigung vorzeitig zu beenden, wenn die Mieterträge zur Bedienung der Finanzierung nicht mehr nachhaltig erbracht werden können.
Unwirtschaftlich wäre es ebenfalls, ein Darlehen nur deshalb fortzusetzen, weil die Immobilie mit der darauf lastenden Finanzierung nicht frei von Grundschulden verkauft werden kann. Gar zum Verkaufszwang könnte es kommen, wenn es einem Schuldner nicht gestattet wäre, das Darlehen gegen Entschädigung zu beenden, um einen größeren Kreditspielraum bei einer anderen Bank in Anspruch zu nehmen.
Und weshalb sollte es einem Bankkunden verwehrt werden, die ihm für fünf Jahre angebotene Umschuldung zu einem um 3 Prozentpunkte niedrigeren Zinssatz durchzuführen, wenn er die auf Jahresbasis berechnete 2%-ige Zinsentschädigung für das ebenfalls noch fünf Jahre zu bedienende Altdarlehen leistet? Er realisierte den Vorteil seiner erfolgreichen Suche nach einer günstigeren Finanzierung, die Darlehensgeberin wäre so gestellt, als ob die Finanzierung planmäßig fortgeführt worden wäre. Es wäre eine Ressourcenverschwendung, ein Darlehen nicht dort zu finanzieren, wo es am günstigsten angeboten wird.
Schließlich würde auch der sprichwörtliche Lottogewinn oder die Erbschaft ein berechtigtes Interesse an der Vertragsbeendigung gegen Entschädigung rechtfertigen. Aufgrund des positiven Abstands zwischen Darlehenszinssätzen und Kapitalanlagesätzen erweist sich die Zinsersparnis aus der Rückzahlung eines Darlehens als profitabler als der Umfang der erzielbaren Kapitalerträge bei Fortsetzung der Finanzierung und gleichzeitiger Anlage der Lotto- oder Erbschaftsgelder. Diese Aussage gilt allerdings nur dann uneingeschränkt, wenn sich die Zinsentschädigung ausschließlich nach einem Aktiv-Aktiv-Vergleich ohne den Ersatz der banklichen Nettozinsmarge bemisst.
Ganz generell mag man sich auch fragen, ob es überhaupt der Voraussetzung des berechtigten Interesses bedarf. Immerhin erhält die Darlehensgeberin auf jeden Fall ihren Zinsschaden ersetzt, ist also so gestellt, als ob der Vertrag vollständig erfüllt würde. Die Möglichkeit, eine Darlehensablösung wegen eines nicht nachweisbaren berechtigten Interesses zu vereiteln, verschafft der Darlehensgeberin, indem sie einen ihren Schaden übersteigenden Preis der Ablösung nennt, die Möglichkeit an den wirtschaftlichen Anstrengungen des Schuldners, seine eigene finanzielle Last zu mindern, zu partizipieren.
Eine enge Auslegung der Tatbestandsvoraussetzung des „berechtigten Interesses“ verträgt sich überdies auch nicht mit der Systematik des deutschen Vertragsrechts, das den Vorrang des Schadensersatzes vor dem Erfüllungsanspruch normiert.
D. Der Umfang der Schadensersatzpflicht
Vorfälligkeitsentschädigungen werden nicht bei jeder vorzeitigen Ablösung eines Immobiliar-Verbraucherdarlehens geschuldet. Schon zu Beginn des Jahres 2013 stellte der BGH mit einem Anerkenntnisurteil[19] fest, dass das Verlangen nach einer Vorfälligkeitsentschädigung im Zuge einer durch die Bank erfolgten Immobiliardarlehenskündigung gegenüber Verbrauchern rechtswidrig sei. Die Begründung lieferte er mit der Entscheidung vom 19.01.2016[20] nach. Zudem stellte er sich mit Urteil vom 22.11.2016 den an seiner Entscheidung erfolgten mannigfaltigen Kritiken entgegen, indem er die Rechtsprechung abermals bekräftigte.[21]
§ 497 Abs. 1 BGB (in seiner bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung) sehe einen Verzugszinssatz für Immobiliar-Verbraucherdarlehen von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vor. Daneben sei kein Platz für eine ergänzende Vorfälligkeitsentschädigung, denn ausweislich der Gesetzesmaterialien solle der kündigenden Bank kein Zugriff mehr auf den Vertragszins nach erfolgter Kündigung möglich sein. Bei dieser Vorschrift handele es sich somit um eine spezielle Regelung für bankseitig gekündigte Verbraucherdarlehen, die eine ergänzende Vorfälligkeitsentschädigung, die im Verhältnis zum Vertragszinssatz zu kalkulieren wäre, ausschließe.
Hinlänglich bekannt ist ebenso, dass für Immobiliardarlehensverträge gemäß § 495 Abs. 1 BGB dem Verbraucherdarlehensnehmer ein Widerrufsrecht zusteht. Wurde er nicht oder nicht korrekt belehrt, so bleibt der Vertrag in der Schwebe, denn die Widerrufsfrist gilt in diesem Fall als nicht in Gang gesetzt.[22] Der Darlehensnehmer kann somit noch jederzeit widerrufen. Widerruft er, so ist der Vertrag für die Vergangenheit zurück abzuwickeln, für die Zukunft besteht der Vertrag nicht mehr fort. Mithin wird auch keine Vorfälligkeitsentschädigung geschuldet, wenn der Vertrag durch rechtmäßigen Widerruf beendet wird. Allerdings gelten selbst bei fehlerhafter Belehrung gewisse Maximalfristen für die Wahrnehmung des Widerrufsrechts.[23]
D. 1. Neue Ausschlusstatbestände für eine Vorfälligkeitsentschädigung
Über die oben angegebene Rechtsprechung hinausgehend dürfen seit der Umsetzung der Wohnimmobilienkredit-Richtlinie nunmehr Vorfälligkeitsentschädigungen auch bei Immobiliardarlehen nicht länger verlangt werden, wenn:
- die Rückzahlung durch eine für diesen Zweck im Darlehensvertrag vorgesehene Versicherung erfolgt (§ 502 Abs. 2 Nr. 1 BGB)
oder - der Darlehensvertrag unzureichende Angaben
- zur Laufzeit des Darlehens (§§ 502 Abs. 2 Nr. 2; 494 Abs. 6 BGB),
- zum Kündigungsrecht des Darlehensnehmers (§§ 502 Abs. 2 Nr. 2; 494 Abs. 6 BGB)
oder - zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung enthält (§ 502 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
- die erforderliche Kreditwürdigkeitsprüfung (§ 505a BGB) nicht oder mangelhaft durchgeführt wurde (§ 505d Abs. 1 S. 3 BGB).
D. 1. 1 Rückzahlung durch Versicherung
Soweit der Versicherungsfall eingetreten ist, ist das Verlangen nach einer Vorfälligkeitsentschädigung zusätzlich zur Darlehensrückzahlung nicht berechtigt. Der Gesetzgeber schützt damit den durch den Eintritt des Versicherungsfalls ohnehin schon belasteten Verbraucher. Relevante Versicherungen könnten Wohngebäude-, Risikolebens- oder Kapitallebensversicherungen darstellen.[24]
D. 1. 2 Unzureichende Angaben
Fehlerhafte Angaben zur Darlehenslaufzeit, zu den darlehensnehmerseitigen Kündigungsrechten (wie schon unter § 494 Abs. 6 BGB a.F.) oder neu: zur Berechnungsweise einer Vorfälligkeitsentschädigung führen nunmehr dazu, dass eine Zinsentschädigung nicht mehr verlangt werden darf. Insbesondere mit der Frage nach den hinreichend präzisierenden Angaben zur Höhe einer künftig möglicherweise zu kalkulierenden Vorfälligkeitsentschädigung dürften sich die Gerichte demnächst häufig zu beschäftigen haben. Den Vorgeschmack liefert ein Urteil des Landgerichts Berlin.[25] Danach hat ein Darlehensgeber sich schon bei Vertragsschluss zu entscheiden, ob er die Entschädigung nach dem Aktiv-Aktiv- oder dem Aktiv-Passiv-Vergleich berechnen möchte. Kriterien, welche die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung „insbesondere“beeinflussen, deuteten darauf hin, dass weitere Merkmale existieren, die ebenfalls auf die Höhe Einfluss nähmen. Damit müssen die Angaben zwangsläufig unvollständig sein – eine semantische Pirouette des Gerichts. Allerdings erachtete das Gericht es nicht für erforderlich, eine detaillierte finanzmathematische Formel zu übermitteln.
D. 1. 3 Kreditwürdigkeitsprüfung
Mit der Vorschrift des § 505a Abs. 1 BGB werden Darlehensgeber zur Überprüfung der Kreditwürdigkeit des Darlehensinteressenten verpflichtet. Es dürfen nur solche Verträge abgeschlossen werden, unter denen die Erbringung des Kapitaldienstes und die Rückzahlung des Immobiliardarlehens durch den Kreditnehmer „wahrscheinlich“ ist. Damit darf das finanzierende Institut seine Prüfung nur noch auf die Leistungsfähigkeit des tatsächlichen Schuldners stützen. Bei Immobilienkrediten ist die Kreditwürdigkeit auf der Grundlage „notwendiger, ausreichender und angemessener Informationen zu Einkommen, Ausgaben sowie anderen finanziellen und wirtschaftlichen Umständen des Darlehensnehmers eingehend zu prüfen“ (§ 505b Abs. 2 S. 1 BGB). Die Prüfung „darf nicht hauptsächlich darauf gestützt werden“, dass der Wert des beliehenen Objektes oder des grundstücksgleichen Rechts voraussichtlich zunimmt oder den Darlehensbetrag übersteigt (§ 505b Abs. 2 S. 3 BGB). Daher wird die Vorgabe teilweise dahingehend verstanden, dass der Wert der Immobilie nur im Hinblick auf die Beleihungswertprüfung maßgeblich sein darf.[26]
Nicht durchgeführte oder mangelhaft durchgeführte Kreditwürdigkeitsprüfungen, nicht jedoch mangelhafte Beleihungswertermittlungen,[27] führen dazu, dass der vertraglich gebundene Sollzinssatz auf ein Niveau abgesenkt wird, das dem von Hypothekenpfandbriefen und Öffentlichen Anleihen gleicher Zinsbindungsfrist entspricht bzw. ein variabler Satz auf das Niveau des 3-Monats-EURIBOR heruntergesetzt wird (§ 505d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 BGB). Ein Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung besteht dann nicht (§ 505d Abs. 1 S. 3 BGB).
D. 2. Neue Tatbestände für die Geltendmachung einer Zinsentschädigung
Anders als noch unter dem alten Recht dürfen Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe des wirtschaftlichen Schadens neuerdings auch für solche Immobiliardarlehensverträge gefordert werden,
- die zu Bedingungen vereinbart wurden, die für grundpfandrechtlich besicherte Darlehen unüblich sind (Vergleich § 503 Abs. 1 BGB a.F. mit § 491 Abs. 3 Nr. 1 BGB).
- die nicht grundpfandrechtlich besichert sind, aber dem Erwerb oder dem Erhalt von Eigentumsrechten an Grundstücken, bestehenden oder zu errichtenden Gebäuden oder grundstücksgleichen Rechten dienen (§ 491 Abs. 3 Nr. 2 BGB).
D. 3. Die Komponenten der Vorfälligkeitsentschädigung
Wie bereits ausgeführt orientiert sich die deutsche Kreditwirtschaft bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung weiterhin an den vom BGH getroffenen Entscheidungen.[28] Zwar entwickelt sich über die rechnerischen Prämissen einer Vorfälligkeitskalkulation wie z.B. den Termin der Ablösung, die Höhe der Wiederanlagerenditen, die Berücksichtigung von vorzeitigen Kündigungs- und Tilgungssatzanpassungsrechten oder ersparten Risiko- und Verwaltungskosten immer wieder Streit; der Algorithmus der Berechnung ist dagegen bis zur Umsetzung der Wohnimmobilienkredit-Richtlinie weitgehend unstreitig gewesen. Doch neuerdings sind die nachfolgenden Bedingungen einzuhalten:
- Artikel 25 Abs. 3 S. 1 WoImmoKRL: Mitgliedstaaten dürfen Vorschriften aufstellen, nach denen der Kreditgeber „eine angemessene und objektive Entschädigung für die möglicherweise entstandenen, unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung des Kredits zusammenhängenden Kosten verlangen kann.“
- Artikel 25 Abs. 3 S. 2 WoImmoKRL: Die Entschädigung darf „den finanziellen Verlust des Kreditgebers nicht überschreiten.“
- Artikel 25 Abs. 1 S. 2 WoImmoKRL: Wenn ein Verbraucher sein Recht auf vorzeitige Darlehensablösung nutzt, hat er „das Recht auf Ermäßigung der Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher, die sich nach den Zinsen und den Kosten für die verbleibende Laufzeit des Vertrags richtet.“
Zurzeit enthält das bürgerliche Recht nur eine diffuse Umsetzung der Anforderungen an die Berechnung einer richtlinienkonformen Vorfälligkeitsentschädigung gemäß Artikel 25 WoImmoKRL. § 490 Abs. 2 S. 3 BGB überbürdet dem vorzeitig zurückzahlenden Darlehensnehmer – soweit für Verbraucherdarlehensnehmer keine spezifische Vorschrift gilt – eine Schadensersatzpflicht. § 500 Abs. 2 S. 2 BGB spricht vom Recht des Verbraucher-Darlehensnehmers „seine Verbindlichkeiten vorzeitig zu erfüllen“, ohne dabei auf die Frage einer etwaigen Entschädigung einzugehen. § 501 BGB statuiert unter Verweis auf § 6 Abs. 3 PAngV eine Verminderung der Gesamtkosten „um die Zinsen und sonstigen laufzeitabhängigen Kosten, die bei gestaffelter Berechnung auf die Zeit nach der Fälligkeit oder Erfüllung entfallen.“ Damit soll wohl den Anforderungen der Vorschrift des Artikel 25 Abs. 1 S. 2 WoImmoKRL genügt werden. § 502 Abs. 1 S. 1 BGB benennt das Recht des Darlehensgebers auf eine „angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden“.
Der geringe Konkretisierungsgrad der bürgerlich-rechtlichen Vorschriften eröffnet den Raum für die Beantwortung der Frage, wie eine richtlinienkonforme Vorfälligkeitsentschädigung zu berechnen ist.
D. 3. 1. Die mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Kosten
Die berechnete Vorfälligkeitsentschädigung darf die durch die vorzeitige Rückzahlung verursachten Kosten der Darlehensgeberin nicht überschreiten. In einem ersten Schritt hat man sich somit den Kostenbegriff zu vergegenwärtigen.
D. 3. 1. 1. Gewinne, Kosten und Wettbewerbsmarkt
Entsprechend dem Theoriegebäude der Wirtschaftswissenschaften verbrauchen Unternehmen, die Güter und Dienstleistungen herstellen, zur ihrer Erzeugung die drei klassischen Produktionsfaktoren Arbeit A, Boden B und das Kapital K. Als (Real-)Kapital bezeichnet man dabei die Produktionsmittel, also die Bürogebäude, die Maschinen oder die notwendige Infrastruktur.[29] Die Faktoren werden jeweils über die Zeitdauer des Produktionsprozesses in Anspruch genommen. Die Kosten der Arbeit pro Zeiteinheit werden mit dem Lohnsatz w ausgeglichen, die des Bodens über die Bodenpacht r und die des Kapitals über den Zinssatz i.
In der modernen Wirtschaftstheorie wird allerdings der Faktor Boden häufig als in den Faktor des Realkapitals integriert gesehen, so dass nur noch zwei Faktoren verbleiben: Arbeit und Kapital. Die Höhe der Produktionskosten C ergibt sich somit aus der Multiplikation der verbleibenden zwei Faktormengen mit ihren Entgelten:
(1) C = w * A + i * K
Der Unternehmer erzielt durch den Verkauf seines Erzeugnisses einen Erlös E. Dieser berechnet sich nach der Menge der verkauften Stücke multipliziert mit dem entsprechenden Preis p. Als Gewinn G einer hergestellten Menge x wird die Differenz zwischen dem erzielten Erlös E und den durch die Erzeugung entstandenen Kosten C definiert:
(2) G = E – C = p * x – [w * A + i * K]
Der Gleichung liegt die folgende Vorstellung zugrunde: Alle Güter werden von Grund auf nur durch den Einsatz der beiden Faktoren hergestellt. Es gibt keine vom Unternehmen noch zu erwerbende Zwischenprodukte. Das hypothetische Unternehmen ist somit vertikal voll integriert. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe werden ebenso wenig benötigt. Wären überdies noch die Kosten von Zwischenprodukten sowie die von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen zu berücksichtigen, so wären sie der Kostengleichung zusätzlich beizufügen. Es ergäbe sich dabei aber kein Erkenntnisgewinn.
Der Unternehmer produziert eine Menge x, für die er auf einem Wettbewerbsmarkt unter gleichartigen Anbietern den Marktpreis p erzielt. Dieser Marktpreis p ist von der angebotenen Menge unabhängig, denn auf einem transparenten Wettbewerbsmarkt ist der Marktanteil des Einzelunternehmens so gering, dass das einzelwirtschaftliche Verhalten keinen Einfluss auf den Marktpreis nimmt. Würde der Anbieter einen Preis oberhalb des geltenden Marktpreises wählen, so machte er keinen Umsatz. Entscheidet er sich dagegen für einen Preis unterhalb des Marktpreises, so ist die Nachfrage nach seinem Angebot extrem hoch. Man muss sich jedoch an dieser Stelle fragen, weshalb nicht alle übrigen Unternehmen die gleiche aggressive Verhaltensweise wählen. Die Begründung dafür ist, der Preiswettbewerb hat bereits stattgefunden. Die Unternehmen können ihren Preis nicht weiter senken, anderenfalls gerieten sie in die Verlustzone. Somit ist der Preis durch seine Untergrenze, den minimalen Stückkosten, determiniert.
Dasselbe gilt für die Preise wund i der Produktionsfaktoren, die von den Unternehmen auf den ebenfalls durch Wettbewerb geprägten Faktormärkten nachgefragt werden. Dagegen hängen selbstverständlich die Mengen der beiden eingesetzten Faktoren Arbeit und Kapital vom Produktionsvolumen x ab: A(x), K(x). Und auch der Erlös E ist mengenabhängig: E(x). Er steigt mit der Anzahl der verkauften Stücke: E(x) = p * x. Damit gilt insgesamt die klassische Gewinnfunktion:
(3) G(x) = E(x) – C(x) = p * x – [w * A(x) + i * K(x)]
Offensichtlich scheinen die Gewinne eines Unternehmens nicht zu seinen Kosten zu gehören. Diese Aussage ist allerdings auszudifferenzieren. Man mag sich fragen, weshalb ein Unternehmer auf einem Wettbewerbsmarkt anbietet, wenn der Wettbewerb ihn am Ende auf ein Preisniveau gedrückt hat, das gerade einmal seine Kosten deckt. Dann bekäme er noch nicht einmal einen Unternehmerlohn. Diese Ansicht ist unzutreffend. Sein unternehmerischer Arbeitsaufwand findet sich als eine Komponente in der insgesamt aufgewendeten Arbeitsmenge wieder. Der Unternehmer wird somit das typische Managergehalt erhalten, das Leute mit seiner Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt erzielen. Und in der eingesetzten Kapitalmenge enthalten ist ebenso das Eigenkapital des Unternehmens, also die den Aktionären gehörenden Produktionsmittel, für die der marktübliche Zins zzgl. eines Risikoaufschlags gezahlt wird.
Dann spiegelt der Gewinn nur noch das, was von den Erlösen übrig bleibt, nachdem alle Kosten abgezogen wurden – neben seinem Arbeitseinsatz auch der Eigenkapitaleinsatz des Unternehmers oder jener der Aktionäre. Die Ökonomen bezeichnen diese Gewinngröße deshalb zutreffend als „Residuum“, das Verbleibende. Auf einem funktionierenden Wettbewerbsmarkt konvergiert das Residuum langfristig gegen null. Existieren nämlich auf einem Wettbewerbsmarkt Gewinne, so erkennen die außenstehenden Unternehmer, dass man auf diesem Markt zumindest vorübergehend mehr als den typischen Unternehmerlohn erzielen kann, denn der wurde bereits als Kostenkomponente von den Erlösen abgezogen. Sie verfügen über einen Anreiz, ihr Angebot ebenfalls auf diesem Markt zu unterbreiten. Mit ihrem Markteintritt steigt die Angebotsmenge. Da sich die Gesamtnachfrage nicht durch den Eintritt zusätzlicher Anbieter verändert, muss der Preis solange sinken, bis er ein Niveau erlangt hat, dass keine über den Unternehmerlohn und die Eigenkapitalentlohnung hinausgehenden Gewinne mehr zulässt. Daher tendieren die Gewinne auf einem Wettbewerbsmarkt mit freiem Marktzutritt langfristig gegen null.
Die Bedingung des freien Marktein- und austritts stellt für die Funktionsfähigkeit eines Wettbewerbsmarkts eine essentielle Voraussetzung dar. Ist kein freier Marktzugang gegeben, so gibt es auch keine Tendenz des Preises, sich nach unten in Richtung auf die minimalen Stückkosten anzupassen. Ein Unternehmen kann somit einen positiven Gewinn verteidigen, der über den Kosten der Vergütung seines Faktoreinsatzes liegt. Die Ökonomen bezeichnen solche Gewinne als sog. „windfall profits“ oder auch nach Keynes[30] und Preiser[31] als „Q-Gewinn“, als einen Quasi-Monopolgewinn. Derartige Gewinne werden nicht durch marktliche Leistungen gerechtfertigt, sondern ergeben sich durch Beschränkungen des Marktzutritts. Bei freiem Marktzugang können sie allerdings auch zufällig, dabei aber stets nur vorübergehend, auftreten, so wenn bspw. neue Steuervorschriften die Kostenseite der Unternehmen entlasten oder wenn eine abrupte Mehrnachfrage den Marktpreis überraschend ansteigen lässt.
Ein dauerhaft über null liegender Q-Gewinn deutet dagegen auf ein Marktversagen, einen nicht funktionierenden Wettbewerb hin.
D. 3. 1. 2. Die Kosten der vorzeitigen Rückzahlung
Auf einem idealen Wettbewerbsmarkt findet jedes Unternehmen zum geltenden Marktpreis einen Käufer. Das Einzelunternehmen ist im Vergleich zum Gesamtmarkt ausreichend klein. Ein einmal verkauftes Gut, das zurückgegeben wurde, gelangt somit sofort in die Hände eines Ersatzkäufers. Die auf dem Wettbewerbsmarkt agierenden Unternehmen möchten allerdings nicht jeden Nachfrager bedienen, weil jeder zusätzliche Interessent ab einer gewissen Anzahl von Nachfragern die Kosten, ihn zusätzlich zu befriedigen, die sog. Grenzkosten, über die bislang geltenden Stückkosten hinweg nach oben treibt. Wäre es nicht so, sondern würden diese Kosten unter die Stückkosten fallen, dann bestünde ein Interesse, jeden weiteren Kunden zu bedienen. Das Unternehmen mit dem größten Marktanteil hätte die niedrigsten Stückkosten und würde mit einem knapp über diesen Kosten liegenden Preis alle Konkurrenten verdrängen. Es entstünde kein Wettbewerbs-, sondern ein Monopolmarkt.
Das Ideal des Wettbewerbsmarktes stellt allerdings nur ein Referenzmodell dar. In der Wirklichkeit entstehen selbstverständlich durch den Austausch eines Käufers sog. Transaktionskosten. Der Käufer muss gefunden und beworben werden. Zudem ist es möglicherweise erforderlich, den Preis ein wenig abzusenken, um das Einzelstück loszuwerden. Übertragen auf die Welt vorzeitig zurückgegebener Darlehen manifestieren sich die Transaktionskosten in Akquisitionskosten und Bearbeitungskosten. Die Kosten der Bearbeitung entstehen mit der Umschreibung von Grundschulden wie auch mit der Kalkulation von Zinsentschädigungen, wobei aber die zuletzt genannten Kosten gemäß § 493 Abs. 5 BGB nicht mehr ersetzt verlangt werden dürfen, denn sie ergeben sich aus einer gesetzlichen Pflicht. Die Preissenkung drückt sich dagegen im Zinsverschlechterungsschaden aus. Da im Vertragszinssatz eine mögliche bankliche Gewinnmarge bereits eingepreist wurde, sind auch die Vergütungen für das unternehmerische Eigenkapital und die Managementleistungen bereits abgedeckt. Soweit der Ersatzvertrag, um ihn unter die Nachfrager zu bringen, einen niedrigeren Zinssatz trägt, entsteht der oben angegebene Zinsverschlechterungsschaden, der als Kostenkomponente zusätzlich zu ersetzen wäre. Nach dem Ausgleich eines etwaigen Preisnachlasses, dem Ausgleich des Zinsverschlechterungsschaden, ist die Darlehensgeberin somit so gestellt, als ob der ursprüngliche Vertrag erfüllt worden wäre.
Der sog. Zinsmargenschaden (vgl. die noch folgenden detaillierten Ausführungen unter Punkt D.3.2.2.) ist dagegen eine Chimäre. Unter dem Zinsmargenschaden wird im Allgemeinen der Nettogewinnder Darlehensgeberin aus einer Ausleihe verstanden. Er unterscheidet sich von der banklichen Bruttomarge darin, dass von ihm die Verwaltungskosten sowie die Risikokosten abgezogen sind. Es handelt sich somit um eine Gewinn- und nicht um eine Kostengröße. Weil im Vertragszinssatz ebenso die Faktorentgelte für das Eigenkapital wie auch das eingesetzte Realkapital enthalten sind, erzielt die Darlehensgeberin für diese Komponenten – auch bei einer vorzeitigen Darlehensablösung – die vollständige Vergütung: Das Angebotspotential eines Wettbewerbsanbieters ist stets beschränkt, anderenfalls wäre er ein Monopolist. So haben die Kreditinstitute nach den Baseler Eigenkapital-Vorschriften[32] jedes Einzeldarlehen mit einer spezifischen Quote an Eigenkapital zu unterlegen. Damit beschränkt das nur begrenzt vorhandene Eigenkapital auch das Volumen der ausleihbaren Kredite.
Im Ergebnis kann die Darlehensgeberin somit Ersatz der Transaktionskosten, bestehend aus den Kosten der Umschreibung von Grundpfandrechten wie Verträgen als auch den Akquisitionskosten für einen Ersatzkunden, sowie den Zinsverschlechterungsschaden verlangen. Ein Mehr an Kosten gibt es nicht.
D. 3. 2. Der finanzielle Verlust des Kreditgebers
Die Entschädigung darf den finanziellen Verlust des Kreditgebers nicht überschreiten (Art. 25 Abs. 3 S. 2 WoImmoKRL). Nur auf den ersten Blick erscheint die Entschädigung mit den mit der Rückzahlung zusammenhängenden Kosten identisch.
D. 3. 2. 1. Gründe für die Abweichung zwischen Kosten und finanziellem Verlust
Soweit ein Zinsverschlechterungsschaden nicht eintritt, stattdessen die Darlehensgeberin einen Zinsgewinn aus der vorzeitigen Rückzahlung aufgrund eines gestiegenen Ausleihezinssatzes für das Ersatzdarlehen erzielt, also einen Zinsverbesserungsvorteil, hat sie diesen Gewinn auf die entstandenen Kosten zu verrechnen, der Kunde kann somit unter Umständen entschädigungsfrei aus dem Darlehen heraus. Zwar mögen der Darlehensgeberin mit der vorzeitigen Rückzahlung Kosten entstanden sein, sie werden jedoch durch die Zinsmehrerträge der Wiederausleihe zumindest teilweise kompensiert. Nur soweit der Verbesserungsvorteil nicht ausreichen sollte, die entstandenen Kosten zu decken, verbliebe ein Erstattungsanspruch der Bank. Dass eine Bank allerdings überdies einen verbleibenden Zinsverbesserungsvorteil an den Kunden auszukehren hätte, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen.
D. 3. 2. 2. Der Zinsmargenschaden als Bestandteil des finanziellen Verlusts
Bereits herausgearbeitet wurde, dass der Zinsmargenschaden nicht Bestandteil der mit der Rückzahlung entstehenden Kosten sein kann. Ebenso wenig gehört er zum finanziellen Verlust des Kreditgebers, wie im Nachfolgenden dargelegt werden wird.
D. 3. 2. 2. 1. Die monopolistische Struktur des Marktes vorzeitiger Darlehensablösungen
Der Markt der Darlehensablösungen ist monopolistisch strukturiert,[33] denn der ablösewillige Kreditkunde kann die Löschungsquittung für die eingetragenen Grundschulden nur von seinem Darlehensgeber erwerben. Dem Kunden ist es verwehrt, zu einer anderen Bank zu gehen und bei dieser gegen eine Vorfälligkeitsentschädigung die Löschungsquittung nachzufragen. Diese wird die Fremdbank nicht erteilen können. Somit ist der Darlehensnehmer von seiner Hausbank bis zur Höhe des Vorteils ausbeutbar, den er sich aus der vorzeitigen Darlehensablösung verspricht. Die Bank erzielt deshalb eine Monopolrente, wenn sie ein in seiner Höhe unbegrenztes Vorfälligkeitsentgelt verlangen darf. Monopole aber schmälern die Wohlfahrt, die sich auf einem Markt erzielen lässt.
Auf Wettbewerbsmärkten, die nicht durch eine asymmetrische Informationsverteilung, öffentliche Güter oder externe Effekte geprägt sind, gilt der 1. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik.[34] Nach diesem Fundamentaltheorem ist jedes Wettbewerbsgleichgewicht pareto-effizient. Das bedeutet, es ist nicht möglich, ausgehend von einem solchen Gleichgewicht den geldwerten Nutzen eines Marktteilnehmers zu erhöhen, ohne bei einem anderen Marktteilnehmer einen mindestens ebenso großen geldwerten Nachteil zu erzeugen. Solche Verbesserungen sind allerdings unter monopolartigen Bedingungen möglich. Ausgehend von einem Monopolmarktgleichgewicht kann man den Gewinn des Monopolisten aufrechterhalten und dabei die geldwerten Überschüsse der Konsumenten in einer Weise steigern, welche die Gewinneinbußen des Monopolisten übersteigen.[35] Aus diesem Grunde versuchen Ökonomen, für Monopolmärkte solche Lösungen bereitzustellen, die sich auf Wettbewerbsmärkten ergeben würden. Insbesondere drückt sich das in er Forderung aus, der Monopolist solle keine höhere Vergütung erzielen als den sich langfristig auf dem Wettbewerbsmarkt herausbildenden Preis.
D. 3. 2. 2. 2. Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung auf einem Wettbewerbsmarkt
Zur Konstruktion eines wettbewerblichen Referenzmodells nehmen wir einmal an, ein Darlehensnehmer besitze 100 gleichartige Immobilien, die alle in gleicher Höhe mit Krediten finanziert seien. Alle Kredite weisen exakt die gleichen Konditionen auf. Die Zinsen seien seit der Darlehensgewährung gesunken. Eine der 100 Immobilien möchte der Eigentümer verkaufen. Er habe einen Interessenten, dem es egal sei, welche der gleichartigen Immobilien er erwirbt. Daher besorgt sich der Darlehensnehmer von den verschiedenen Banken Angebote über die Kosten der vorzeitigen Darlehensablösung. Die Banken seien reine Gewinnmaximierer, sie kooperieren nicht miteinander. Welchen Preis werden sie verlangen?
Die Untergrenze des Preises entspricht jenem Schaden, den das ablösende Institut dadurch hat, dass der Kunde nicht länger den bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist geltenden höheren Zins entrichtet. Sobald das Institut eine höhere Ablösezahlung kassiert, realisiert es einen Gewinn. Diesen Gewinn aber möchte jede konkurrierende Bank vereinnahmen, daher werden sich die Institute untereinander mit günstigeren Zinsentschädigungen unterbieten, bis der Preis der Ablösung genau dem Zinsschaden entspricht. Diesen Preis zu unterschreiten, lohnte sich für Banken nicht, denn dann machten sie Verluste.
Daneben mögen geringe Transaktionskosten für das Anwerben eines neuen Vertragspartners, für die Formulierung der Verträge usw. anfallen. Diese Kosten sind jedoch vernachlässigbar. Institute, die aufgrund erfolgter Ablösung freie Liquidität haben, können mit einem ganz geringfügig unter den Wettbewerbszins liegenden Vertragsangebot sofort entsprechende Neukunden anlocken, denn die Anzahl der Finanzierungsnachfragen bleibt im Durchschnitt auf dem gleichen Niveau wie vorher, weil die Schar der Verkäufer eine Schar von Käufer im Schlepptau hat. Volkswirtschaftlich betrachtet bleibt somit die Gesamtfinanzierungsnachfrage unverändert[36]. Daher gibt es auch keinen Bedarf für den Ersatz eines entgangenen Nettogewinns, des sog. Zinsmargenschadens. Wenn das gesellschaftliche Kreditvolumen vorher und nachher identisch ist, dann würde der Ersatz des Nettogewinns die Gewinne der Kreditwirtschaft steigern. Auf einem Wettbewerbsmarkt gäbe es so etwas nicht, weil die Institute sich gegenseitig solange weiter unterböten, bis ihre Zusatzgewinne aus der potenziellen Ablösung null wären.
Besonders deutlich wird das Ergebnis in Fällen, unter denen sich der Marktzins überhaupt nicht verändert hat. Dann bedeutet der Wechsel des Schuldners für die Bank – gleicher Beleihungsgrad, gleiche Bonität des Ersatzdarlehensnehmers und gleiche Kapitaldienstfähigkeit vorausgesetzt –, dass im Prinzip alles beim Alten bleibt.[37] Ein weiteres Darlehen hätte die Bank nicht bewilligen können, weil das dafür erforderliche zusätzliche Eigenkapital für das bestehende Portfolio verplant war. Sie ist auch ohne den Ersatz des Zinsmargenschadens so gestellt, wie sie stünde, wenn die vorzeitige Ablösung nicht durchgeführt worden wäre.
Unter einem gesunkenen Marktzins wäre der Zinsnachteil beim Ersatzdarlehen als Zinsverschlechterungsschaden zu kompensieren. Dieser Schaden entspräche bankmathematisch einem Disagio, also einer Zinsvorauszahlung, die es erlaubt, den ursprünglichen Sollzinssatz des Altdarlehens auf das aktuell gültige marktübliche Sollzinsniveau abzusenken.
Wie wäre die Situation unter einem gestiegenen Zinsniveau? In diesem Fall würden sich die Institute darum reißen, mit dem Verkäufer eine Ablösung zu vereinbaren. Sie würden ihm dafür Geld bieten. Die Betragsgrenze verläuft dort, wo der an den Kunden ausgekehrte Geldbetrag genau jenem Vorteil entspricht, den sich die Banken aus einer Neuausleihe versprechen.
Für den Ersatz eines sog. Zinsmargenschadens ist unter allen möglichen Szenarien kein Platz.
E. Die Zulässigkeit negativer Wiederanlagerenditen
Art. 25 Abs. 1 S. 2 WoImmoKRL[38] bestimmt, dass Verbrauchern das Recht einzuräumen ist, ihre Kreditverpflichtungen vorzeitig zu erfüllen. Dabei müssen sich die Gesamtkosten im Vergleich zum laufenden Vertrag nach Zinsen und anderen Kosten ermäßigen. Der deutsche Gesetzgeber setzt soweit ersichtlich dagegen weiterhin auf die üblichen Algorithmen zur Kalkulation von Zinsentschädigungen, herausgearbeitet insbesondere im Nichtabnahmeurteil des BGH vom 07.11.2000.[39]
Positive Zinssätze führen dazu, dass sich künftig zu leistende Zahlungen, von der Gegenwart aus betrachtet, reduzieren. Dafür verantwortlich ist die Abzinsung. Ein Betrag von 1.100 Euro, der in einem Jahr zu zahlen ist, kann unter einem angenommenen Zinssatz von 10% mit einem heutigen Kapitaleinsatz von lediglich 1.000 Euro verfügbar gemacht werden, denn nach Ablauf des Jahres hat das Anlagekapital 100 Euro an Zinsen erwirtschaftet, nach dem Ablauf des zweiten Jahres unter der Nutzung des Zinseszinseffektes sogar 110 Euro.
Auf ein noch für zwei Jahre gebundenes Festzinsdarlehen, auf das – der Einfachheit halber sei dies vorausgesetzt – Zins- und Tilgungsleistung in Höhe von 1.210 Euro jeweils nach Ablauf eines Jahres zu zahlen sind und das nach zwei Jahren mit einem Restkapital von 60.500 Euro abzulösen ist, würden Gesamtkosten in Höhe von 62.920 Euro entfallen (vgl. Tabelle 1). Unter einem Marktzinssatz von 10%, wären die Beträge wie in Spalte 3 dargestellt zu diskontieren:
Tabelle 1: Die Diskontierung eines ausfallenden Zahlungsstroms
Zeitpunkt | Beträge | diskontierte Beträge | |
bei 10% | bei minus 1% | ||
1 | 1.210,00 EUR | 1.100,00 EUR | 1.222,22 EUR |
2 | 1.210,00 EUR | 1.000,00 EUR | 1.234,57 EUR |
2 | 60.500,00 EUR | 50.000,00 EUR | 61.728,40 EUR |
Summe | 62.920,00 EUR | 52.100,00 EUR | 64.185,19 EUR |
Dem Ziel der Ermäßigung der Gesamtkosten für den noch laufenden Vertrag würde auf jeden Fall genügt, denn diese sinken von 62.920 Euro auf nur noch 52.100 Euro. Unter einer Marktrendite von 0% liefern dagegen die abgezinsten Beträge dieselben Werte wie im Vertrag vereinbart. Eine Ermäßigung der Gesamtkosten bei vorzeitiger Rückzahlung ist nicht mehr zu erkennen. Beläuft sich der Markzinssatz sogar auf einen negativen Wert von minus 1%, so steigen die Gesamtkosten unter einer vorzeitigen Ablösung tatsächlich an. Offensichtlich verträgt sich der Inhalt der Vorschrift des Art. 25 Abs. 1 S. 2 WoImmoKRL nicht mit der gegenwärtigen Praxis, Vorfälligkeitsentschädigung auch mit Negativrenditen zu kalkulieren.
Kann ein Darlehensgeber die vorzeitig zurückgeführten Gelder tatsächlich nur in eine Anlageform einbringen, die Negativzinsen aufweist, so ist es – abgesehen von ersparten Risiko- und Verwaltungskosten – ausgeschlossen, dass die nach der Wohnimmobilienkreditrichtlinie maximale Vorfälligkeitsentschädigung die wirtschaftlichen Nachteile des Kreditinstituts aus der vorzeitigen Rückzahlung kompensiert, denn die Entschädigung darf nicht höher ausfallen als die Summe aller künftig noch vom Darlehensnehmer nach dem Vertrag zu leistenden Beträge (im Beispiel: 62.920 EUR). Der wirtschaftliche Schaden der Bank beträgt dagegen wegen der Negativrendite 64.185,19 EUR (Spalte 4).
Aus den obigen Ausführungen wird deutlich, dass eine richtlinienkonforme Kalkulation von Zinsentschädigungen unter der zurzeit in der deutschen Kreditwirtschaft praktizierten Berechnungsweise bei Vorfälligkeiten wahrscheinlich unzulässig ist, sobald die negativen Wiederanlagerenditen die Zinsentschädigung größer werden lassen als die Summe der künftig noch zu leistenden Beträge.
Allerdings ist die zunächst vereinfachte Darstellung ein wenig zu detaillieren. Der BGH hat die Institute darauf festgelegt, sog. Staffelzinssätze für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zugrunde zu legen. Das bedeutet, dass eine in einem Monat fällige Rate mit einem Monatszinssatz, eine in drei Monaten fällige Rate mit einem Dreimonatssatz, ein in einem Jahr zu zahlender Geldbetrag mit dem entsprechenden 1-Jahressatz usw. abzuzinsen ist.[40] Weil zwischen den Zeiträumen zu interpolieren ist, ergibt sich für jeden zeitlichen Abstand zwischen dem Ablösetermin und dem eigentlich planmäßigen Ratentermin, ein anderer Abzinsungssatz. Deshalb resultiert auch unter der zurzeit geltenden Zinsstruktur mit negativen Renditen für kurze Laufzeiten und positiven für längere Laufzeiten nicht zwingend eine unzulässig hohe Entschädigung. Die kostensteigernden Effekte der Negativrenditen werden zumeist durch den Kostensenkungseffekt der positiven Renditen mehr als kompensiert. Das folgt unmittelbar daraus, dass der größte Betrag, regelmäßig das Restkapital am Ende der Zinsbindungsfrist, fast immer mit einem positiven Zinssatz zu diskontieren ist. Entlastend wirken zudem die Abzüge für ersparte Risiko- und Verwaltungskosten.
Marktgerechte Negativrenditen zur Kalkulation von Zinsentschädigungen wären somit per se nicht unzulässig. Sie helfen, den eintretenden Vorfälligkeitsschaden sauber zu kalkulieren. Institute sind allerdings gut beraten, die Gesamtkosten im Blick zu behalten und keinesfalls Zinsentschädigungen auszurechnen, welche die noch zu erbringenden Kreditgesamtkosten übersteigen.
Ohnehin erscheint das Problem der Negativrenditen künstlich herbeigezaubert. Es resultiert daraus, dass die Wiederanlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehensgelder in Hypothekenpfandbriefen fingiert wird, tatsächlich jedoch in Neuausleihen erfolgt. Der sog. Zinsmargenschaden eines entgangenen banklichen Nettogewinns ist ein reines Phantasieprodukt ohne realwirtschaftlichen Hintergrund. Bei Darlehensausleihen ließen sich aber noch nicht ein einziges Mal negative Kreditzinssätze beobachten.
F. Fazit und Ausblick
Der Beitrag behandelte drei Fragen zum Thema „Vorfälligkeitsentschädigung“, die sich aus der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie in deutsches Recht ergeben:
- Wie lässt sich der Begriff des „berechtigten Interesses“ mit inhaltlicher Begriffssubstanz füllen?
- Was bedeutet die Forderung der Richtlinie, dass die Vorfälligkeitsentschädigung den finanziellen Verlust des Kreditgebers nicht überschreiten darf?
- Wie verträgt sich eine mit Negativrenditen ausgerechnete Vorfälligkeitsentschädigung mit dem Recht des Verbrauchers auf eine im Vergleich zur Vertragstreue gesunkene Gesamtkostenbelastung bei vorzeitiger Rückzahlung?
Auf alle drei Fragen wurden schlüssige Antworten gegeben. Die Tatbestandsvoraussetzung des „berechtigten Interesses“ sollte möglichst weit gefasst werden, um eine ineffiziente wirtschaftliche Ausnutzung des ablösewilligen Darlehensnehmers durch seine auf Vertragstreue bestehende Bank zu unterbinden.
Zum finanziellen Verlust eines Unternehmens, das auf einem Wettbewerbsmarkt agiert, gehört jedenfalls nicht die Größe eines fingierten entgangenen Gewinns. Auf Wettbewerbsmärkten kann der Unternehmer zum geltenden Marktzins das zurückgeführte Darlehen sofort wieder als Neuausleihe platzieren. Allenfalls entstehen geringe Transaktionskosten. Gesunkene Wiederausleihesätze werden durch den Zinsverschlechterungsschaden kompensiert. Mit der Kompensation eines sog. Zinsmargenschadens verschafft sich die Darlehensgeberin einen zusätzlichen Vorteil. Sie verletzt mit einer so berechneten Vorfälligkeitsentschädigung die Grenze ihres finanziellen Verlusts.
Und auch Vorfälligkeitsentschädigungen, welche die noch verbleibenden Gesamtkosten des Kredits übersteigen, sind nur das Ergebnis der systemwidrigen Erstattungsfähigkeit eines fingierten Zinsmargenschadens. Eine Entlastung bei den Gesamtkosten wäre das ständige Ergebnis einer auf den Zinsverschlechterungsschaden (allenfalls zzgl. geringer Transaktionskosten) beschränkten Zinsentschädigung, denn negative Ausleihesätze wurden in der Vergangenheit nicht einmal beobachtet.
Ideen der Beschränkung der Vorfälligkeitsentschädigung auf ein bestimmtes Maximalniveau sind für eine effiziente Marktversorgung ebenso schädlich wie die zurzeit in Deutschland zu beobachtenden aufgeblähten Entschädigungen. Solche Höchstgrenzen laden zu opportunistischen Umschuldungen ein. Bei sinkenden Zinsen werden gewiefte Darlehensnehmer ihre Kredite zurückgeben und sich gegen eine geringe Vorfälligkeitsentschädigung neu zu günstigeren Konditionen eindecken. Die Kosten trägt die Allgemeinheit. Weil die im Wettbewerb stehenden Banken durch solche Geschäfte in die Verlustzone geraten, werden sie Zinsaufschläge für Neuausleihungen für die Gesamtkundschaft vornehmen müssen. Da eine solche Entschädigungsobergrenze zu ineffizienten Quersubventionierungen führt, schrumpft die Wohlfahrt der Verbraucher insgesamt.
Anders gewendet: Zwar entspricht – gesamtwirtschaftlich gerechnet – die Kostenersparnis aus den geringeren Vorfälligkeitsentschädigungen genau der Summe der vorgenommenen Zinsaufschläge bei der Neukonditionierung. Die geringen Vorfälligkeitsentschädigungen laden jedoch zu Umschuldungen ein, die unterm Strich der Gesamtheit aller Verbraucher über Vorfälligkeitsentschädigung und Zinsaufschlag Kosten überbürden, die höher sind als der durch die Umschuldung realisierte Zinsvorteil des ablösenden Darlehensnehmers. Sein Kalkül ist verfälscht. Er schuldet bereits dann um, wenn der erwartete Zinsvorteil die in ihrer Höhe beschränkte Vorfälligkeitsentschädigung unterschreitet, für die Gemeinschaft dagegen dieser Zinsvorteil kleiner ist als die insgesamt zu übernehmenden Kosten, denn die Gemeinschaft trägt zusätzlich die Zinsaufschläge auf alle Kredite insgesamt. So privatisiert ein opportunistischer Darlehensnehmer einen Umschuldungsgewinn, der von allen übrigen vertragstreuen Darlehensnehmer zu schultern ist. Gewieft sind die Klugen und Erfolgreichen. Nicht so gewieft ist der einfache Verbraucher.
Beschränkt man die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung nur in solchen Fällen, unter denen der Kunde seine Immobilie verkauft oder ein anderes berechtigtes Interesse nachweist, so profitieren solche Darlehensnehmer, die schon aufgrund beruflich notwendiger Mobilität häufig verkaufen und damit Darlehen ablösen müssen, von dieser Obergrenze, während der einfache Arbeitnehmer, der sein Leben auf Dauer in der Region verbringt und dort sein Reihenhaus finanziert, das Nachsehen hat. Er zahlt dann nämlich die angehobenen Zinsen, ohne von der Obergrenzenregelung jemals zu profitieren. Auf diese Weise fördert man Geschäfte der Leistungsträger auf Kosten der sozial schwächeren Schichten. Zudem wird abermals zu Opportunismus eingeladen. Manche Immobilie wird verkauft werden oder umfangreicher beliehen, damit man einfach in den Genuss günstigerer Zinskonditionen gelangt.
Im Ergebnis ist damit das Folgende festzustellen. Den fairen – weil effizienten – Preis für eine Darlehensablösung stellt der Marktwert des Darlehens dar. Diesem Marktwert entspricht der sog. Zinsverschlechterungsschaden des Aktiv-Aktiv-Vergleichs (Altdarlehen mit gebrochener Restzinsbindungsfrist gegen Darlehen zu marktaktuellen Konditionen für eine ebensolche Zinsbindungsfrist.
[1] Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2016, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 12, S. 396- 441.
[2] Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.02.2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010, Amtsblatt EU L 60 vom 28. Februar 2014, 34ff., im Folgenden: WoImmoKRL.
[3] Amtsblatt EU L 60 vom 28. Februar 2014, 45.
[4] Art. 25 Abs. 5 WoImmoKRL, Amtsblatt EU L 60 vom 28. Februar 2014, 62.
[5] Amtsblatt EU L 60 vom 28. Februar 2014, 45.
[6] Amtsblatt EU L 60 vom 28. Februar 2014, 61.
[7] Amtsblatt EU L 60 vom 28. Februar 2014, 61.
[8] Insoweit ändert sich die bestehende Rechtslage. Noch in den BGH-Urteilen vom 01.07.1997 (BGH XI ZR 267/96 = NJW 1997, 2875; BGH XI ZR 197/96 = NJW 1997, 2878) sowie gemäß BGH-Urteil vom 07.11.2000 (BGH XI ZR 27/00 = NJW 2001, 509) hatte der Bundesgerichtshof die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr für die Berechnung der Zinsentschädigung für rechtmäßig erachtet.
[9] BGH-Urteile vom 01.07.1997, Az.: XI ZR 267/96 und XI ZR 197/96.
[10] BGH-Urteil vom 01.07.1997, Az.: XI ZR 267/96.
[11] BGH-Urteil vom 01.07.1997, Az.: XI ZR 197/96.
[12] OLG Naumburg, Urteil vom 15.02.2007, Az.: 2 U 138/06.
[13] Erwägungsgrund Nr. 66 der Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.02. 2014, Amtsblatt EU L 60, S. 45.
[14] So auch König, C., Die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie in Deutschland, domus, Berlin 2016, S. 63.
[15] Mahoney, Paul G., Contract Remedies: General, in: Encyclopedia of Law and Economics, Vol III, Hrsg: Bouckaert, B./De Geest, G., Cheltenham (UK)/Northampton (Mass, USA), 2000, 117-140, S. 118.
[16] Nach dem Coase-Theorem (Coase, R., The Problem of Social Costs, The Journal of Law and Economics, Vol. 3, 1960, 1-44) sollten veräußerbare Rechte von vornherein so zugeordnet werden, dass die Transaktionskosten minimiert werden. Unter der wirtschaftlichen Unmöglichkeit muss der Bauträger keine Verhandlungslösung mit dem Bauherrn suchen.
[17] Zitiert nach Mahoney, Paul G., Contract Remedies: General, in: Encyclopedia of Law and Economics, Vol III, Hrsg: Bouckaert, B./De Geest, G., Cheltenham (UK)/Northampton (Mass, USA), 2000, 117-140, S. 122. Wichtige Beiträge zu dieser Forschung leisteten: Shavell, S., Damage Measures for Breach of Contract, Bell Journal of Economics, 1980, 466-490; Kornhauser, L.A., Reliance, Reputation, and Breach of Contract, Journal of Law and Economics, Vol. 27, 1983, 691-706; Barton, J.H., The Economic Basis of Damages for Breach of Contract, Journal of Legal Studies, Vol. 1, 1972, 277-304; Shavell, S., Specific Performance Versus Damages for Breach of Contract: An Economic Analysis, Texas Law Review, Vol. 84, 2006, 831-876.
[18] Ohnehin refinanzieren Kreditinstitute auch langfristige Darlehen mit gebundenem Sollzinssatz heutzutage im Regelfall zu mehr als 75% aus kurzfristigen Refinanzierungen, die jederzeit variabel auf den Bedarf hin gesteuert werden können.
[19] BGH-Urteil vom 17.01.2013, Az.: XI ZR 512/11.
[20] BGH-Urteil vom 19.01.2016, Az.: XI ZR 103/15; WM 2016, 687.
[21] BGH-Urteil vom 22.11.2016, Az.: XI ZR 187/14; WM 2017, 97.
[22] Vgl. bspw. BGH-Urteil vom 12.07.2016, Az.: XI ZR 564/15; WM 2016, 1930
[23] Nur für Immobiliardarlehensverträge, die in der Zeit vom 1. September 2002 bis zum 10. Juni 2010 geschlossen wurden, ist das Widerrufsrecht definitiv „verjährt“. Das wurde mit der am 21.03.2016 in Kraft getretenen Übergangsregelung des Art. 229 § 38 Abs. 3 S.1 EGBGB gesetzlich verankert. Später geschlossene Verträge können unter Umständen noch heute widerrufen werden.
[24] so jedenfalls König, C., Die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie in Deutschland, domus, Berlin 2016, S. 66.
[25] Vgl. dazu das Urteil des LG Berlin vom 05.12.2017, Az.: 4 O 150/16.
[26] so jedenfalls König, C., Die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie in Deutschland, domus, Berlin 2016, S. 78.
[27] so jedenfalls König, C., Die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie in Deutschland, domus, Berlin 2016, S. 79.
[28] Insbesondere: BGH-Urteil vom 07.11.2000, Az.: XI ZR 27/00; WM 2001, 20.
[29] Mit dem Realkapital ist eine Mengengröße gemeint. Gezählt werden bspw. die Flächen der Gebäude, die Anzahl bestimmter Maschinen, die Länge der Verkehrswege usw. Nur um diese Größen miteinander vergleichbar zu machen, werden sie nach ihrer Erfassung mit Geld bewertet. Anderenfalls wäre es nicht möglich, die verschiedenartigen Größen zu aggregieren. Eine einsetzende Inflation verändert die Menge des Realkapitals nicht. Sie wird nämlich in den Preisen eines Basisjahres gemessen und bleibt fortan gleich. Mengen verändern sich nicht durch Inflation.
[30] Keynes, J.M., A Treatise on Money, 1930, S. 113f.
[31] Preiser, E., Multiplikatorprozess und dynamischer Unternehmergewinn, in: Journal of Economics and Statistics, Vol. 167, Bd. 2/3, 1955, S. 89-126.
[32] Seit dem 01.01.2014 gilt die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, gemeinhin bekannt als Capital Requirements Regulation (Basel III). Schon die als Basel II-Vorschriften sahen vor, dass Banken sich nicht nur gegen die mit einer gewissen Häufigkeit zu erwartenden typischen Rückzahlungsrisiken absichern, sondern ebenso gegen eine unwahrscheinliche Anhäufung der Verwirklichung gleichartiger Risiken.amtlich: Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung), Amtsblatt EU L 177/1-200, Richtlinie 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom vom 14. Juni 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (Neufassung), Amtsblatt EU L 177/201-255, in Deutschland umgesetzt im Kreditwesengesetz und in den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) sowie durch die Solvabilitätsverordnung vom 14.12.2006.
[33] Zu einer spieltheoretischen Analyse des Problems vgl. Wehrt, K., Preis oder Ersatz des Erfüllungsinteresses: eine rechtsökonomische Analyse vorzeitiger Darlehensablösungen, in: Effiziente Verhaltenssteuerung und Kooperation im Zivilrecht, Mohr & Siebeck, Tübingen, 1997, S. 108-134.
[34] Arrow, K.J./Debreu, G., Existence of an Equilibrium for a Competitive Economy, Econometrica, Vol. 22, No. 3, 1954, S. 265-290.
[35] Das lässt sich an einem kleinen Beispiel illustrieren. Dazu stellen wir uns der Einfachheit halber einen Monopolisten vor, der keine Kosten hat. Er maximiert seinen Gewinn, wenn die Nachfrageelastizität vom Betrag her Eins ist. Wenn er somit seinen Preis um ein Prozent senkt, erhöht sich die verkaufte Menge ebenso um ein Prozent. Sein Erlös und – weil er keine Kosten hat – sein Gewinn bliebe damit gleich. Wäre die Elastizität vom Betrag her größer als 1, würde die Menge prozentual stärker ansteigen als die sie verursachende Preissenkung. Mithin erhöhte sich der Erlös und damit auch der Gewinn. Im Zuge kontinuierlicher Preissenkungen nähme aber die Elastizität sukzessive ab.
Stellen wir uns vor, die Elastizität wäre bereits unter den Betrag von 1 gefallen, so würde jede weitere Preissenkung um ein Prozent, eine Mengenerhöhung von weniger als einem Prozent verursachen. Die Gewinne würden schrumpfen. Der gewinnoptimale Preis, zu dem die Elastizität einen Wert von Eins aufwiese, wäre bereits unterschritten.
Ausgehend vom gewinnoptimalen Preis werde dieser nun marginal, also nur geringfügig, gesenkt. Der Gewinn des Monopolisten bliebe davon unberührt, weil die Mengenerhöhung die Preissenkung kompensiert. Alle Nachfrager hätten davon allerdings einen Vorteil, denn für jeden einzelnen wäre der Preis ein wenig niedriger als vorher. Zudem würden weitere Nachfrager – die Mengenänderung – beim Monopolisten kaufen wollen und hätten damit im Vergleich zur Situation, nicht gekauft zu haben, einen Vorteil.
Eine pareto-optimale Allokation läge vor, wenn der Preis des Monopolisten wie auf einem Wettbewerbsmarkt seinen Grenzkosten entspräche.
[36] Vgl. schon Wehrt, K., EWiR 1995, 1175f.
[37] Diesen Fall beschreibt die sog. Ersatzkreditnehmerentscheidung des BGH (Urteil vom 30.11.1989, Az.: III ZR 197/88 – Rn. 15 ff.). So auch die Urteile des OLG Frankfurt vom 03.05.2013 (Az.: 19 U 227/12) und des LG München I vom 24.07.2008 (Az.: 16 HK O 22814/05).
[38] Amtsblatt EU L 60 vom 28. Februar 2014, 61.
[39] BGH XI ZR 27/00, WM 2001, 20.
[40] BGH-Urteil vom 07.11.2000, Az.: XI ZR 27/00; WM 2001, 20.
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