Hintergrund: Viele Institute benutzen statt der Bundesbankstatistik synthetische Renditen, festgestellt im sog. PEX-Index. Dieser Index wie auch viele andere parallel dazu benutzte Indices weist eine Schwäche auf. Er informiert darüber, zu welchen Kursen Geldinstitute Hypothekenpfandbriefe an die Kunden verkaufen möchten, nicht jedoch darüber, zu welchen Kursen Kunden Hypothekenpfandbriefe kaufen würden.
Typischerweise möchte aber der Verkäufer einen hohen Preis erzielen, der Käufer nur einen geringen Preis zahlen. Der Marktpreis pendelt sich sodann irgendwo in der Mitte ein.
Mithin weist der PEX-Index zu hohe Kurse für Hypothekenpfandbriefe aus. Da hohe Kurse gleichzusetzen sind mit niedrigen Renditen, fallen somit die Pfandbriefrenditen nach dem PEX-Index zu niedrig aus. Zu niedrige Renditen bedingen zu hohe Vorfälligkeitsentschädigungen.
Überdies würden in den PEX-Index auch subjektive Wertschätzungen von Bankern einfließen, die ihn seiner statistisch gesicherten Grundlage beraubten.
Der BGH stellt in seinem Urteil fest, dass die benutzten Brief-Renditen teilweise um 0,10-0,15 Prozentpunkte unter den Geld-Renditen liegen. Bezogen auf ein Darlehensrestkapital von 200.000 EUR und eine Restlaufzeit von bspw. 5 Jahren können Darlehensnehmer neben allen anderen bestehenden Ansprüchen aus einer fehlerhaft berechneten Entschädigung mit einem zusätzlichen Erstattungsanspruch auf bereits geleistete Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von ca. 1.000 EUR rechnen.
Im Einzelfall kann der Anspruch aber auch höher oder niedriger ausfallen, denn es kommt auf die tagesgenaue Differenz zwischen den Sätzen der Bundesbank und den Sätzen des PEX-Indexes an.
In seinem Urteil erteilt der BGH auch anderen vermeintlichen Hypothekenpfandbriefindices eine Absage. Direkt angesprochen werden bspw. die DGZF-Renditen – ein häufig von den Sparkassen benutzter Index.
Selbst für solche Fälle der Vergangenheit, aus einer Zeit, in der die Deutsche Bundesbank nur Monats- aber keine Tagesrenditen veröffentlichte, der PEX-Index jedoch tagesgenau ausgewiesen wurde, sei wegen der methodischen Mängel des PEX-Index auf die Renditen der Bundesbankstatistik abzustellen.
Der Durchsetzung eines Erstattungsanspruchs auf eine überhöht gezahlte Zinsentschädigung aus Fällen vor dem 01.01.2002 wird die Verjährungsregelung des neuen BGB wohl nicht entgegenstehen. Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist zwar nur drei Jahre, doch diese Frist beginnt erst am Ende desjenigen Jahres zu laufen,
- in dem der Anspruch entstanden ist,
und - der Betroffene Kenntnis von jenen Umständen erlangt, die den Anspruch begründen.
Die anspruchsbegründenden Umstände dürften erst mit der Verkündung des jüngsten Urteil gegeben und somit bekannt sein, so dass auch die Verjährung von Altansprüchen wahrscheinlich erst auf den Termin des 31.12.2007, ausgehend vom Termin der Urteilsverkündung am 30.11.2004, fällt.
Für die Altfälle vor dem Jahr 2002 zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass möglicherweise nur derjenige Teil des Rückerstattungsanspruchs noch nicht verjährt ist, der aus der Benutzung der fehlerhaften Renditen resultiert.
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Prof. Dr. Klaus Wehrt
Prof. Dr. Klaus Wehrt ist finanzmathematischer Experte für alle Fragen der Immobilienfinanzierung, insbesondere der Überprüfung von Vorfälligkeitsentschädigung, Professor für Volkswirtschaftslehre und Statistik, Buxtehude-Immenbeck.