Fehlerhafte bankliche Zinsabrechnungen

Negativer Saldo des Girokontos und Bankdarlehen

Die Situation ist vielen Darlehensnehmern gerade in Zeiten von Finanz- und Wirtschaftskrise gut bekannt. Wegen Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit belasten die monatlichen Raten für den aufgenommenen Kredit das Haushaltsbudget über alle Maßen. Dabei driftet der Kontostand des Girokontos ins Minus ab. In manchen Fällen überschreitet der negative Saldo des Kontos sogar das Limit des Dispositionskredites und führt zu einer nicht genehmigten Kontoüberziehung.

Häufig sind darlehensgewährende Bank und kontoführende Bank identisch. In diesen Fällen bucht das Geldhaus die Darlehensraten stets automatisch vom Girokonto ab. Es stellt sich dann die Frage, ob sich das Institut dabei in solchen Fällen nicht ungerechtfertigt bereichert, in denen das Girokonto bereits einen Negativsaldo aufweist.

Wie kann dieser Fall eintreten? Nach § 288 Abs. 1 BGB ist eine Geldschuld während des Verzugs mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Der Basiszinssatz beträgt zurzeit 1,62%, zusammen beträgt die Verzinsung somit 6,62%. Dieser Satz gilt auch für Darlehensforderungen gegenüber Nicht-Verbrauchern: Der höhere achtprozentige Aufschlag bei Entgeltforderungen kann bei rückständigen Darlehensforderungen nicht verlangt werden, weil Darlehensforderungen keine Entgeltforderungen darstellen. Für rückständige Raten auf Immobiliendarlehen gilt bei Verbrauchern sogar nur ein Satz von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 497 Abs. 1 BGB), das sind zurzeit 4,12%.

Der Dispositionszinssatz auf dem Girokonto beträgt aber häufig 10% oder mehr. Insofern erwirtschaftet das kontoführende Institut durch den Darlehensratenrückstand mehr als ihm zusteht. Bucht das Institut die Darlehensraten sogar dann noch vom Girokonto ab, nachdem der Dispositionskreditrahmen bereits ausgeschöpft ist, verschafft es sich häufig Zinserträge, die um weitere 4 Prozentpunkte höher liegen: 14% und mehr. Bei einem Immobilienfinanzierungsdarlehen ist der Zinssatz gegenüber einem Verbraucher – und das sind fast alle Darlehensnehmer – damit glatt um 10 Prozentpunkte zu hoch.

Dazu ein Zahlenbeispiel: Herr Pechvogel bedient seit dem Jahr 2005 ein Immobiliendarlehen über 150.000 EUR. Der Darlehenszinssatz beträgt 6%, die Tilgung 2%. Die jährliche Darlehensleistung beläuft sich deshalb auf 12.000 EUR, monatlich 1.000 EUR. Schon seit zwei Jahren weist sein Girokonto nur noch Negativsalden auf, seit einem Jahr ist der Dispositionskreditrahmen ausgeschöpft. Der über das Girokonto ausgeglichene Ratenrückstand beläuft sich somit schon auf 24.000 EUR. Die ersten 10.000 EUR dieses Rückstands schöpfen den eingeräumten Dispositionskreditrahmen aus. Darauf zahlt Herr Pechvogel jährlich 10% Zinsen: 1.000 EUR. Die weiteren 14.000 EUR werden dagegen mit 14% verzinst. Herr Pechvogel leistet darauf jährlich 1.960 EUR. Für die Darlehensrückstände zahlt er somit jährlich insgesamt knapp 3.000 EUR.

Die Darlehensgeberin hätte dafür aber nur (zurzeit) 4,12% verlangen dürfen: 988,80 EUR. Damit kassiert die Darlehensgeberin glatt 2.000 EUR jährlich zu viel.

Es kommt sogar noch schlimmer. Jedes Vierteljahr erstellt die Bank eine Zinsabrechnung für das Girokonto. Die dann fälligen Dispositionszinsen und Überziehungszinsen schlägt sie auf den Saldo des Girokontos auf, so dass sich auch diese Beträge künftig mit verzinsen. Das aber ist bei rechtlich nicht zulässig, denn es gilt das sog. Zinseszinsverbot, nachdem von Zinsen Verzugszinsen nicht zu entrichten sind (§ 289 BGB). Für Verbraucher wird diese nochmals in der Vorschrift des § 497 Abs. 2 S. 1 BGB herausgestellt: „Die nach Eintritt des Verzugs anfallenden Zinsen sind auf einem gesonderten Konto zu verbuchen und dürfen nicht in ein Kontokorrent mit dem geschuldeten Betrag oder anderen Forderungen des Darlehensgebers eingestellt werden.“

Es bestehen gute rechtliche Chancen, derartige fehlerhafte Kontoabrechnungen noch nachträglich anzugreifen. Etwaige Ansprüche verjähren bei bestehender Kenntnis erst am Ende des vierten Jahres, nachdem die Kenntnis erlangt wurde, spätestens jedoch am Ende des elften Jahres seit Bestehen des Erstattungsanspruchs. Im Einzelfall empfehle ich, zur Klärung der Erfolgsaussichten einen Anwalt hinzuzuziehen.

Was hier in einfacher Form dargelegt wurde, lässt sich mathematisch leider nur durch eine komplizierte Neuberechnung darlegen. Daher wird betroffenen Darlehensnehmern ebenso empfohlen, sich gutachterlichen Rat einzuholen. Den erteilt gegen Pauschalhonorar oder ohne Honorar auf Basis einer Erfolgsvereinbarung:

Prof. Dr. habil. Klaus Wehrt, Birkenhain 1a, 21614 Buxtehude,
mail@wehrt.de, www.wehrt.de,
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